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Hollywood-Star Jeff Goldblum (mitte) mit seiner Band.

© Promo

Konzert im Admiralspalast: Jazz und Gesellschaftsspiele mit Jeff Goldblum

Hoher Besuch aus Los Angeles: Jeff Goldblum and the Mildred Snitzer Orchestra charmieren den Admiralspalast.

Hey, was ist denn da los? Kaum, dass am Mittwochabend Schlag halb acht die Saaltüren im Admiralspalast aufgehen und die ersten Leute hereinschneien, beginnt Jeff Goldblum schon mit der Hofhaltung. Es ist eben doch was anderes, nicht nur Jazzpianist, sondern auch Hollywoodstar zu sein. Und dazu ein Entertainer, der sich begeistert in der ihm entgegen gebrachten Zuneigung sonnt. Selfies, Autogramme, Rosen, schräge Geschenke – der lässige Schlaks aus Los Angeles nimmt alle Wünsche und Gaben frohgemut an und verwickelt jeden der alsbald Schlange stehenden Fans in eine kleine Plauderei. Nicht lange und das sich allmählich füllende Parkett stimmt Beatles-Lieder und ein vom ersten Schneeflocken-Tanz des Jahres inspiriertes „Let It Snow“ an. Und als Goldblum in Hütchen und wild bedrucktem Prada-Hemd einen kleinen Nationalhymnen-Wettbewerb ausruft und zufällig erst zwei Tschechinnen, dann eine Polin und schließlich ein Russe ihre Hymnen krumm und schief in Goldblums Mikro schmettern, wird aus dem Mitmachkonzert vorm Konzert ein seliger, mit Szenenapplaus belohnter Moment: Berlin - du völkerverbindendes Ost-West-Scharnier!

Und was ist jetzt mit dem coolen Jazzkonzert, dem ersten und einzigen Deutschland-Auftritt von Jeff Goldblum and the Mildred Snitzer Orchestra? Er beginnt Punkt acht und endet zwei zugabenlose Stunden später, wie der Zeremonienmeister vorsorglich gleich anfangs verkündet. Auch, dass er während der Pause seiner Band, mit der er seit zehn Jahren regelmäßig in einem Club in Los Angeles spielt, im Saal bleibt, um „euch alle besser kennenzulernen“ ist Teil von Jeff Goldblums sagenhaft leichtfüßiger, kalifornischer Charme-Offensive.

Nur zwei kurze Alleingänge von Goldblum

Ab geht’s mit der Eröffnungsnummer „Nostalgia In Time Square“, eine Charles Mingus-Komposition.  Goldblum beschränkt sich am Piano auf Blockakkorde und ein paar akzentuierende Läufe und überlässt seinen Kumpels an Gitarre, Tenorsaxofon, Orgel und Schlagzeug das Soli-Karussell. Den ganzen Abend über reklamiert er nur zwei kurze Alleingänge für sich. Besser ist es. Der 66 Jahre alte Schauspieler und Schauspiellehrer, der seit Kindertagen Klavier spielt, kann zwar mit der versierten Band mithalten, aber kaum als Virtuose punkten. Da ist Till Brönner, der – wie auch auf Goldblums kürzlich bei Decca erschienenem Debütalbum „The Capitol Studio Sessions“ – als Gast dabei ist, doch eine andere Hausnummer.

Brönners  lyrischer Trompetenton legt einen leuchtenden Schimmer auf den Standard „It Never Entered My Mind“, von seinen eleganten Phrasierungen und smarten Improvisationen ganz zu schweigen. Und als höflicher Mensch macht er auch die Faxen des beim Wortanteil einsam führenden Solisten Jeff Goldblum bereitwillig mit. Der Mann, der es seit seinem Debüt 1974 in „Ein Mann sieht rot“  ganz prächtig hinbekommen hat,  Arthouse-Filme, wie Wes Andersons „Isle of Dogs“, der die letzte Berlinale eröffnete, mit Blockbustern von „Independence Day“ bis „Jurassic Park“ zu verbinden, ist auch in der überreichlich besetzten Sparte musizierende Schauspieler ein Unikum.

Abschluss mit dem "Jurassic Park"-Thema

Zwischen den Songs von Wes Montgomery bis Marvin Gaye, von „Straighten Up And Fly Right“ bis „Caravan“ veranstaltet Goldblum Spielchen mit dem Publikum. Deutsche Sprichwörter eins zu eins auf Englisch übersetzen und schließlich noch die Bedeutung erläutern. Die fünf populärsten Kinofilme des Jahres beschreiben und erraten. Und schließlich sogar deutsche Zungenbrecher wie „Brautkleid bleibt Brautkleid und Blaukraut bleibt Blaukraut“ aufsagen und ins Englisch übertragen, das geht mit viel Gestammel und Gerufe zwischen Bühne und Saal hin und her. Der Kokolores ist spaßig, frisst aber zu viel Musizierzeit. Gut, dass Goldblum dafür in der Pause beim Umärmeln und Schäkern mit den Verehrern mal ein Schubert-Lied, mal „As Time Goes By“ anstimmt. Ein bisschen so wie auf der Berlinale-Pressekonferenz von „Isle of Dogs“, wo er und Bill Murray plötzlich aus Daffke ein Lied von den Beach Boys trällerten.

Es zeugt von weiser Selbsterkenntnis, dass Goldblum den tragenden Gesangspart der Show lieber der irischen Sängerin Imelda May und ihrer tollen Bluesröhre überlässt. Die Version des Dinah Washington Klassikers „This Bitter Earth“ ist ebenso hinreißend wie die des Jazzgospels „I Wish I Knew How it Would Feel to Be Free“. Als Rausschmeißer fungiert schließlich John Williams’ unvermeidliches “Jurassic Park”-Thema. Kaum ist das verklungen, begrüßt Jeff Goldblum noch mal eben Bürgermeister Michael Müller, der sich im ersten Rang versteckt hat. So einen lebensbejahenden, charismatischen Ami wie Goldblum will sich halt keiner entgehen lassen. „Wie der die Menschen liebt“, seufzt vernehmlich eine Frau. Das West-Ost-Publikum steht und jubelt.

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