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Rockt auch noch mit 52 den Saal: Sängerin Nena.

© dpa

Konzert: Wohin du willst

Deutschlands authentischste Popstimme: 30 Jahre nach ihrem ersten großen Hit begeistert Nena ihr Publikum wie eh und je.

„Wir machen ein kleines Spiel“, sagt Nena. Und alle im ausverkauften Tempodrom machen mit. „Ahh“ singen sie zum Ton, den Nena angibt. Noch mal „Aah“, anderer Ton. Bis sie sieben Töne auf der Reihe haben, zu denen Nena lustig mit ihren Turnschuhen auf riesigen imaginären Klaviertasten hin- und herhüpft. Ein Gitarrist kommt dazu und der ganze Saal singt: „Ich geh mit dir, wohin du willst, auch bis ans Ende dieser Welt …“

Das rührende Lied vom „Leuchtturm" hatte Nena schon vor fast 30 Jahren zu Beginn ihrer phänomenalen Karriere in der Berliner Deutschlandhalle gesungen. Die Halle wurde inzwischen abgewrackt. Doch Nena sieht mit ihren 52 Jahren immer noch toll aus: in kurzem, glitzernden Lederjäckchen, mit Flatterbluse, Kurzhaarschnitt und mädchenhaftem Lachen. Auch die Treue ihrer Fans ist unverwüstlich. Seinerzeit warfen sie noch als Kinder in Begleitung ihrer Eltern quietschend vor Vergnügen die Ärmchen in die Luft, wenn die fröhlich deutschrockende Band Nena und deren quirlige Sängerin auf die Bühne kam. Heute sitzen die Fans von damals als gestandene Erwachsene im brav bestuhlten Auditorium. Doch wieder werden sie von den Stühlen gerissen, von einer Woge der Begeisterung nach vorne gespült. Sie wedeln mit den Armen, machen den rhythmischen Scheibenwischer und singen: „Wir haben uns lang nicht mehr gesehn, ich werd’ mal zu dir rübergehn“.

„Nur geträumt“, war 1982 der erste Hit, der eine große Karriere begründete, die Nena mit 22 Millionen verkauften Platten zu einem der erfolgreichsten deutschen Pop-Stars werden ließ. Oben auf der Bühne werden Podeste reingerollt: ein Konzertflügel, ein komplettes Streichquartett, diverse Schlagwerke, dazu viel musizierendes Personal. Eine vorzügliche Band mit knackigem Sound. Sie spielt akustisch und elektrisch, kräftig und laut. Und sie spielt die Songs aus den unzähligen Alben einer 30-jährigen Karriere sowie die ganz neuen, die erst demnächst erscheinen. Diese wiederum sind keineswegs so unangenehm, dass man dagegen den „Nena Gehörschutz“ einsetzen müsste, den die Sängerin für 4 Euro auf ihrer Website anbietet.

Eine ganze Reihe weiterer Sängerinnen und Sänger tanzt hinter Nena, singt mit ihr. Oder verschafft ihr eine Atempause zwischendurch, während der sie sich verstohlen die Lippenfarbe nachzieht. Da ist ihre Tochter Larissa, die aussieht wie die junge Madonna. Und Nenas Sohn Sakias mit Wollmütze und geschmerztem Pathos à la Xavier Naidoo. Sowie einige Leute vom „Team Nena“, das sich aus ehemaligen Teilnehmern der Fernsehshow „The Voice Of Germany“ zusammensetzt – Nena agiert hier als Jurorin und Trainerin.

Es handelt sich um eine dieser beliebten Pop-Castingshows, bei der die Gewinner alle gleich klingen: auf Format gebracht, trainiert, abgerichtet, operettenhaft, seelenlos. Vielleicht unterscheidet genau das Nena von ihnen. Dass sie eben nicht „gecastet“ wurde. Dass sie aus der alten Rock-'n'-Roll-Schule stammt, von der Pieke auf, in den siebziger Jahren noch durch die kleinen Rockschuppen mit der Hagener Band The Stripes tingelte – bis 1982 schließlich der große Erfolg kam. Und „99 Luftballons“ zu einem Welthit wurde. Zum Abschluss des zweistündigen Konzerts singt sie das Lied mit ihren Musikern a cappella in einer hübschen Doowop-Version.

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