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Kultur: Koreanischer Soul

In Sachen Jubeljahre gilt ja normalerweise die Reihenfolge wie bei Silberner oder Goldener Hochzeit: 25 oder 50 Jahre. Nicht so im Nachtleben: Hier werden schon drei oder vier Jahre Bestehen so angepriesen, als habe man sich damit für das Guinessbuch qualifiziert.

In Sachen Jubeljahre gilt ja normalerweise die Reihenfolge wie bei Silberner oder Goldener Hochzeit: 25 oder 50 Jahre. Nicht so im Nachtleben: Hier werden schon drei oder vier Jahre Bestehen so angepriesen, als habe man sich damit für das Guinessbuch qualifiziert. Ein bisschen ist es ja auch so: In einer Stadt, wo das durchschnittliche Verfallsdatum eines Clubs oder einer Bar nach drei Jahren abläuft, ist jeder Tag mehr ein kleines Ereignis. Was ist da erst eine ganze Dekade?

Die Berliner Goldmine begann vor zehn Jahren. Die goldenen Neunziger tobten sich noch in ihrer Liebe zu ungehemmtem Nonsens aus, die verfallenen Hinterhöfe in Mitte waren ein einziger Abenteuerspielplatz. Die Goldmine, das waren stets wechselnde DJs um Mr. Chung , einen Koreaner, der meist einen engen Anzug und eine groß gemusterte Krawatte trug. Im Fix Club, einem Keller am Rosenthaler Platz, standen er und sein Kompagnon Das Chamäleon, mit todernster Miene und breiten Sonnenbrillen hinterm Mischpult, auf den Plattentellern schepperte „Mah-Na-Mah-Na“. Ein Lied, das den meisten Tanzenden noch aus der Sesamstraße bestens bekannt war.

Mit ihrem spaßigen Easy-Listening- Sound brachten es Chung und sein Kollege zu echten Lokalmatadoren. Nach einigen Jahren eröffnete ihr eigener Club in der Dircksenstraße, allein die Zeiten hatten sich geändert. Plötzlich lief der säuselnde Easy-Sound in jeder Hinterhofbar und in der ersten offiziellen Goldmine wollte sich zwischen den akkurat gespachtelten Gipswänden nicht mehr die alte Kelleratmosphäre einstellen. Man schloss den Laden beizeiten und trennte sich. Das Chamäleon machte mit Elektromusik Karriere, Mr. Chung blieb bei schwarzer Musik. Heute findet man die Goldminen-DJs mal in diesem, mal in jenem Club. Aber am Samstag, 21. Januar, wenn sie ihr Zehnjähriges feiern, werden alle alten Weggefährten im Lovelite (Simplonstr. 38, Friedrichshain) sein. Und vielleicht wird ja alles noch einmal so schön, auch wenn man sich heute über Sesamstraßenmusik nicht mehr so richtig amüsieren kann.

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