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Kultur: Krach ist, wenn man trotzdem lacht

POP

Man mag es kaum glauben: Jimi Tenor , der einst vom englischen Label Warp zusammen mit Aphex Twin als Hoffnung des elektronischen Pop entdeckt worden war, ist jetzt ein Berliner. Sein neues Album „Higher Plans“ erschien im Januar bei der Berliner Plattenfirma Kitty-Yo. Mit seiner fünfköpfigen Bigband trat Tenor in der Volksbühne auf. Und schnell wurde eines deutlich: Der Finne mit der Buddy-Holly-Brille muss emotional zerrissen sein. Er lässt sich von seinen Emotionen treiben, hemmungsloser Krach wechselt mit wunderbar melodischen Gesangspassagen. Tenor zitiert sämtliche Genres – Avantgarde-Elektro, Jazz, Bombast-Rock –, verliert sich aber niemals im postmodernen Stilwirrwarr.

Seine Miniatur-Bigband hat er im Griff (oder umgekehrt), auch dann, wenn er autistisch mit starrem Blick auf seinen Keyboardtasten herumhackt oder einsam am Bühnenrand hockt, ohne auch nur einmal Blickkontakt zum Rest der Gruppe aufzunehmen. Ganz in Weiß, mit polierten Lackschuhen und aufgehelltem Haar wirkt Tenor wie das blondierte Pendant zu Helge Schneider. Musikalisch kann er überzeugen: Flächige Synthesizer-Klangflächen werden gekonnt mit Ausbrüchen nach John Zorn-Manier kombiniert, um im nächsten Moment nahtlos in monotone elektronische Loops überzugehen. Das Bläser-Trio, das wie ein Konfirmantentrüppchen wirkt, scheint hingegen mit den ruckartigen Eruptionen ihres Oberhauptes etwas überfordert zu sein. Doch nach dem ersten Hit „Take me baby“ tanzt der Saal.

Jens Thomas

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