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Kultur: Krauts vs. Madonna

Ein britisches HITPARADEN-DRAMA von Markus Hesselmann

Die Pop-Berichterstatter der BBC klangen einigermaßen geschockt: „Deutsche Technoband Scooter stürzt Madonna“, hieß es bei dem britischen Sender, dessen drei Buchstaben für guten Musikgeschmack sowie die jahrzehntelange öffentlich-rechtliche Förderung und liebevolle Begleitung der Popmusik stehen. Nun musste die BBC einen teutonischen Triumph vermelden: Nach nur einer Woche verdrängte das Hamburger Technoprojekt mit seinem neuesten Album „Jumping All Over The World“ Madonnas „Hard Candy“ von der Spitze der britischen Charts. Von null auf eins stieg Scooter ein.

Deutscher Pop auf der Insel ganz oben – das ist immer noch äußerst selten. Und besonders Scooter stehen überraschend ganz vorn. Schließlich haben sie in den letzten fünf Jahren überhaupt nur zwei Singles in Großbritannien veröffentlicht. Beide verfehlten die Top 40. 2002 allerdings führten Scooter einmal um ein Haar die Singlecharts an. Die Supertramp-Coverversion „Ramp! (The Logical Song)“ kletterte immerhin bis auf Platz zwei.

Kraftwerk („The Model“) und Nena („99 Red Balloons“) schafften es in den achtziger Jahren in den britischen Singlecharts auf Platz eins. Im Pop-Mutterland mit einem Album dort oben zu stehen, ist für eine deutsche Band ein überwältigender Erfolg. Frank Farian allerdings kann darüber nur milde lächeln. Für Boney M., ein Projekt, das so international daherkam, dass die meisten Briten es bis heute gar nicht erst mit Deutschland in Verbindung bringen, schrieb, produzierte und sang Farian in den siebziger Jahren Hits wie „Daddy Cool“ oder „Rivers of Babylon“. Gleich drei LPs hievte er so auf den Spitzenplatz.

Farian gelang, was sonst eher Skandinavier im Gefolge von Abba schaffen: mit Mainstream-Pop von Europa aus die Insel zu erobern. Aus Deutschland läuft in Großbritannien meist nur, was irgendwie elektronisch klingt und sich in irgendeiner Form mit Kraftwerk in Verbindung bringen lässt. Mit etwas Liebe gilt dies wohl auch für den StampfTechno von Scooter. Mit ausdrücklicher Bitte um Entschuldigung, verehrte Kraftwerk-Fans. Auf der Insel und anderswo.

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