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Kultur: Kreuzberger Nächte... sind cool

Der Regiesseur macht wieder mal kein Auge zuDaniela Sannwald Als Journalistin ist Natascha (Jasmin Tabatabai) weder überzeugend noch erfolgreich, was daran liegen mag, dass sie sich den längsten Teil der Nächte im Club ihres Freundes Gary (Richy Müller), na ja, amüsiert. Auch dabei wirkt sie allerdings nicht gerade überzeugend oder auch nur überzeugt.

Der Regiesseur macht wieder mal kein Auge zuDaniela Sannwald

Als Journalistin ist Natascha (Jasmin Tabatabai) weder überzeugend noch erfolgreich, was daran liegen mag, dass sie sich den längsten Teil der Nächte im Club ihres Freundes Gary (Richy Müller), na ja, amüsiert. Auch dabei wirkt sie allerdings nicht gerade überzeugend oder auch nur überzeugt. Aber sie kann singen - und zwar "Por qué te vas?" auf Japanisch, und Gary möchte gern, dass sie mit dieser Darbietung in seinem Club auftritt. Natascha weigert sich jedoch, das zu tun, was sie offenbar am besten kann. Stattdessen kokst sie und zerrt gelangweilt Männer aufs Ledersofa, wogegen Gary nichts hat, weil er mit Frauen ähnlich verfährt.

So weit also ist die Beziehung der beiden in Ordnung. Sugar, der Boxer (Gregor Törzs), joggt morgens auf dem Alex, und als er das erste Mal ins Bild kommt, hat man bereits soviel lustlos exerziertes Nachtleben gesehen, dass der trainierende Sportler einem wie der Inbegriff von Gesundheit, Lebensfreude und Disziplin erscheint. Auch Natascha, die mit ihren Freundinnen zur gleichen Zeit im Cabrio auf dem Alex unterwegs ist - nach durchgemachter Nacht, versteht sich - kommt der schöne, durchtrainierte Mann ihr als Gegenentwurf zum immer mal wieder schwächelnden Gary gerade recht. Also stürzt sie sich, mit weißer Perücke, schwarzer Sonnenbrille und Tonbandgerät ausgerüstet, auf ihn, aber der Boxer will kein Interview geben, und Frauengeschichten verbietet ihm sein Manager. Natascha gibt jedoch nicht so leicht auf, wechselt Kleidung und Rolle und dringt forsch bis ins Trainingszentrum vor.

Währenddessen ist Gary damit beschäftigt, eine Geliebte der letzten Nacht zu beseitigen, die er beim Sex anscheinend ein bisschen zu sehr stranguliert hat. Sie liegt bereits, mit Benzin übergossen, im Keller, als Natascha Gary gerade noch davon abhalten kann, sie anzuzünden. In einem Anfall von Eifersucht hatte sie dem Mädel K.o.-Tropfen in den Drink gekippt, und deshalb ist Gary nicht mit einer Leiche, sondern nur mit einer komatös Schlafenden konfrontiert. So weit ist also auch das Berliner Nachtleben in Ordnung. Nicht in Ordnung ist, dass Gary einen Gehirntumor hat und Natascha gerade jetzt ihre Liebe zu ihm entdeckt, während Sugar seinerseits glaubt, sich in Natascha verliebt zu haben ...

"Gierig" ist ein kalter und - komischerweise - gleichzeitig hysterischer Film. Gleichmäßiges fahles Licht lässt die Akteure blass und krank erscheinen; die vorherrschenden Farben sind schlammiges Braun, Grün und Grau. Die wenigen Tageslichtszenen wirken wie Ausrutscher in eine Welt, die von den Protagonisten nur aus der Ferne wahrgenommen wird. So ist auch Berlin kaum zu erkennen; der Film zeigt ohnehin weniger reale Schauplätze als exotische Locations, an denen die Szene ihre Partys feiert. Im Einklang mit der visuellen Kühle des Films versuchen die Darsteller, cool zu sein. So cool, dass sie leblos wirken und man an ihren Schicksalen alsbald nicht mehr interessiert ist.

Einzig Richy Müller - ein später Protagonist des Neuen Deutschen Films und damit vergleichsweise ein Veteran - gelingen Momente, die den Atem stocken lassen. Als ob visuelle Flachheit durch akustische Tiefe auszugleichen wäre, ergießt sich das "Stabat Mater" des Spätbarock-Komponisten Giovanni Battista Pergolesi über den Film. Aber das nützt nichts, sondern führt nur dazu, dass man der Musik auch noch überdrüssig wird, und das ist wirklich schade.Central, Kant, Sputnik Südstern

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