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Kultur: Krieger gegen Krieger

Wie Papa doch noch zu seinem Männerrecht kommt: Dani Levys Film „Väter“

Von Silvia Hallensleben

Vier Jahre ist es jetzt her, dass Matthias Matussek erst in einer „Spiegel“-Titelgeschichte und dann in einem Buch „Die vaterlose Gesellschaft“ anprangerte. Thema des Aufschreis war die schwache rechtliche Position von Trennungsvätern im Umgang mit ihren Kindern – für Männerrechtler Matussek ein Anlass, die „radikalfeministische Utopie“ heraufziehen zu sehen. Der Produzent Günter Rohrbach gewann Matussek, zu diesem Stoff ein Spielfilm-Drehbuch zu schreiben. Das muss allerdings so aggressiv frauenhasserisch ausgefallen sein, dass sich auch nach längerer Suche kein Regisseur für das Projekt finden wollte. Auch Dani Levy – sein Film „Väter“ kommt morgen ins Kino – war nach eigenem Bekunden nur unter der Bedingung zur Mitarbeit bereit, das Buch grundlegend umschreiben zu dürfen.

Wie muss wohl Matusseks ursprünglicher Entwurf ausgesehen haben? Allzu lebhaft mag man es sich nicht vorstellen – schließlich hat auch die entschärfte Version von „Väter“ noch so schwere polemische Schlagseite, dass man kaum glaubt, dass am Buch auch eine Ko-Autorin mitgewerkelt haben soll. Die britische Dramatikerin und Drehbuchautorin Rona Munro hat neben „Aimée und Jaguar“ auch das Buch zu Ken Loachs „Ladybird, Ladybird“ geschrieben, einem Film, der wie „Väter“ den Kampf um das Recht am eigenen Kind thematisiert. Wie Loachs Heldin wird auch Marco die Eignung zur verantwortlichen Elternschaft abgesprochen, wie sie schadet auch er sich selbst mit dem hysterischen Eifer, mit dem er sein Anliegen betreibt. Doch sie kämpfte gegen den Staat, Marco gegen die eigene Frau.

Melanie und Marco Krieger, gespielt von Maria Schrader und dem smarten Sebastian Blomberg, sind seit sieben Jahren verheiratet: Großstädter, er Architekt, sie Lehrerin, ein Häuschen, zwei Autos und Benny, der sechsjährige Sohn. Doch die Zeiten der Harmonie sind vorbei. Marco wird von den Ansprüchen des Berufslebens aufgefressen, Melanie ist vernachlässigt, praktisch und emotional. Nachdem Marco seine Ehefrau bei einem dämlichen Partyspiel bloßstellt, packt sie den Koffer und zieht mit Benny aus. Es folgt die Eskalation gegenseitiger Kommunikationsverweigerung bis zur Scheidung – und der Kampf um das Umgangsrecht mit dem Kind, bei dem Marco unterliegt. Irgendwann greift er zur Selbsthilfe und kidnappt den Sohn zu einem Abenteuerurlaub, der zwar nicht gerade tragisch, doch reichlich jämmerlich endet.

Als Vater-Sohn-Kitsch mit Karussellfahrt, Camping-Idylle und ernsten Gesprächen am Lagerfeuer ist dieser Ausflug inszeniert – und leider wohl auch ernst gemeint. In einer Schlüsselszene versucht Marco, dem Kind mit zwei Steinhäufchen ungleicher Größe die Unausgewogenheit der praktizierten Umgangsregelung nahe zu bringen: „Das ist ungerecht, meinst du nicht?“. Dabei scheint die eigentliche Ungerechtigkeit anderswo zu liegen: in einer Dramaturgie, die Mutter Melanie in der Familienroutine ganz selbstverständlich die Verantwortung für das Wohlergehen des Kindes auferlegt, diesen Anstrengungen aber narrativ keinerlei Stellenwert zumisst. Dass auch Melanie berufstätig ist, wird anfangs in einem Nebensatz erwähnt, gezeigt aber wird es nie. Wie sie – vor und nach der Trennung - den Alltag zwischen Job und Kindersorge hinkriegt, ist dem Film kein einziges Bild wert.

Dabei geht es gar nicht um die viel geschmähte „politische Korrektheit“, sondern darum, dass der Film seine eigene Glaubwürdigkeit hintertreibt. Zu sehr erscheinen beide Charaktere als Karikaturen von Geschlechterklischees, um auch nur annähernd Sympathie auszulösen. Marco reitet sich mit seinen egomanischen Ausfällen nicht nur ins eigene Unglück, seine Verantwortungslosigkeit lässt ihn auch für uns als Partner wie als Vater denkbar ungeeignet erscheinen. Und die nölige Dauer-Leidensmiene ist man von Maria Schrader zwar gewohnt, leichter zu ertragen ist sie deshalb aber keineswegs. Levy wollte einen Film machen, der beiden Seiten Verständnis zugesteht, doch „Väter“ ist einer, bei dem das Fremdeln ständig wächst.

Dani Levy hat sich zuletzt mit „Stille Nacht“ und „Meschugge“ in melodramatischem Kino mit internationalem Anspruch versucht. Auch „Väter“ sollte ursprünglich ein großer Film werden. Das ist an den Filmförderungen gescheitert, die den Stoff höchstens angemessen für eine Fernsehproduktion fanden. So wurde in Selbsthilfe und mit wenig Geld auf DV-Material gedreht, ohne dass allerdings die Bild-Ästhetik dazu passt. Das Ergebnis gibt so den Verhinderern filmkünstlerisch nachträglich recht. Ein digitaler Breitwand-Sonnenuntergang sieht schlicht deprimierend aus.

Ab Donnerstag im Cinema Paris, Cinemaxx Colosseum und Potsdamer Platz, Cinestar Tegel, Cubix Alex, FT Friedrichshain, Hackesche Höfe, Titania und Yorck

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