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Sieben Stufen. Micha Ullmans Treppenskulptur, mit rotem Sand aus Israel.

© epd

Künstler Micha Ullman: Sieben Stufen

Ort der Vertreibungen: Micha Ullmans neues Mahnmal in der Berliner Matthäikirche am Potsdamer Platz.

Seine Werke sind scheu. Sie führen in den Untergrund, in den der Stadt und ihrer Geschichte, sie umspielen die Leere, lassen sie leuchten. Von Micha Ullman, dem 73-jährigen israelischen Künstler, kennt man in Berlin vor allem das Bücherverbrennungs-Mahnmal auf dem Bebelplatz, diese stille Skulptur, das weiße Zimmer unter der Erde mit den leeren Regalen, von einer dicken Glasplatte bedeckt.

Nun hat er wieder eine Installation geschaffen, die man leicht übersehen und „überschreiten“ kann, in einem Seitenschiff der Matthäikirche am Potsdamer Platz. Am Donnerstag wird sie eingeweiht: eine Treppe, sieben Stufen führt sie hinab, in einen zwei Quadratmeter großen, mit rotem Sand aus Israel gefüllten Schacht. Sand, dieses flüchtige Material, auch damit arbeitet Ullman gern. Und wieder spiegeln sich auf der Glasplatte darüber der Raum, die Betrachter. Ein Treffpunkt zwischen Himmel und Erde, oben und unten, sagt Ullman.

Topografie des Terrors: Wie am Bebelplatz ist auch dies ein Mahnmal am authentischen Ort. Hier, am heutigen Kulturforum, lebten zahlreiche Juden, darunter auch bedeutende Kunsthändler, bis die Nazis sie vertrieben. In St. Matthäus wurde 1931 Dietrich Bonhoeffer ordiniert, der 1945 als Widerstandskämpfer hingerichtet wurde. Und nur ein paar Schritte weiter, vor der Philharmonie, entsteht ein weiterer Erinnerungsort zum Gedenken an die „Aktion T4“, die Euthanasiemorde der Nazis, die in der Tiergartenstraße 4 geplant wurden. Vor wenigen Tagen fiel die Entscheidung über den Wettbewerb, den ein Team aus drei Architekten gewonnen hat, mit einer hellblauen Glaswand auf dunkler Fläche. Dafür zahlt der Bund 500.000 Euro. Ullmans „Stufen“ werden aus Spenden finanziert; auf Initiative der landeskirchlichen Kulturstiftung kamen über 200.000 Euro zusammen. Dass die Skulptur ähnlich drangsaliert wird wie das Bebelplatz-Mahnmal (Tiefgarage, Fashionweek, immer wieder wurde die Stille gestört) ist im Kircheninneren übrigens kaum zu befürchten.

Die Ausstellung zur Skulptur: 30.11.–3.2., Di–Do, 12 bis 18 Uhr

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