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Der Künstler Gotthard Graubner mit Bart und Strohhut

© dpa

Künstlerporträt des Malers Gotthard Graubner: Farbrauschen

Gotthard Graubners Bilder hängen in Museen, im Reichstag. Das Filmporträt über den abstrakten Maler verrät nur sehr wenig über das Leben des berühmten Mannes und verpasst damit eine Chance.

Filmische Künstlerporträts sind so eine Sache. Zum Repertoire gehören langsame Schwenks durch das Atelier, der Maler bei seiner Arbeit, dazu Gitarrengeklimper und zwischendurch weise Worte aus dem Munde des Meisters. Das ist schön anzusehen, wenn die Bilder die Kraft besitzen, einem Film Leuchtkraft zu geben. Gotthard Graubners Werken gelingt dies allemal. Sie sind die stärksten Protagonisten in Tilman Urbachs Dokumentation über den rheinischen Farbfeldmaler, der 2013 mit 82 Jahren verstarb.

Drei Jahre vor seinem Tod gewährte der Künstler dem Regisseur Zugang in sein Atelier auf der Museumsinsel Hombroich bei Neuss. Der Maler ließ sich über die Schulter schauen, wie er gigantische Pinsel oder auch Schrubber schwingt, um die am Boden liegenden Papiere und wattierten Leinwände mit Lasuren zu überziehen, bis sie vollgesogen sind und von innen zu strahlen beginnen. Dazu trägt der Mann mit dem Rauschebart weite Leinenhosen, über dem fülligen Bauch die passende Weste und um den Hals einen Zwicker am langen Band – egal ob im Studio, beim Ausstellungsaufbau oder beim Besuch seiner Pariser Galerie.

Graubner ist für den Film eine Bilderbuchfigur, vor allem einer der wichtigsten abstrakten Maler der Republik, dessen Bilder im Reichstag, privaten Sammlungen und Museen hängen. Das von ihm in den sechziger Jahren entwickelte Kissenbild als voluminöser Farbträger besitzt neben der Baselitz’schen Kopfdrehung den stärksten Wiedererkennungswert in der Riege der deutschen Großmaler.

Was haben Graubner und Monet gemeinsam?

Es wäre also spannend gewesen, zu erfahren, wie so ein Klassiker sich selbst verortet, wie er sein Werk im Verhältnis zu den Kollegen einschätzt, wo er die Malerei heute sieht. Von all dem kommt nichts in dem allerdings mit hervorragender Kamera gedrehten Film, der sich zunehmend in die Länge zieht. Das Ergebnis: eine Künstlerhagiografie, eine verschenkte Chance. Der Regisseur ist nicht wirklich neugierig, das verraten die ehrfürchtigen Fragen. „Klingt Malerei?“, „Was haben Graubner und Monet gemeinsam?“ Der Künstler widersteht der Versuchung und antwortet kokett: „Den Strohhut!“ Dass er trotzdem nicht gegen Selbstgefälligkeit gefeit ist, offenbaren Äußerungen wie „Sehen ist Seltenheit“.

So wird der Film zugleich zum Dokument einer geschlossenen Gesellschaft, die sich gegenseitig ihrer Kennerschaft versichert – wie schade angesichts der weitherzigen, ungeheuer ansprechenden Malerei. Umso mehr hätte man gerne über Graubners Leben erfahren, über das nur Nebensätze fallen. Geboren ist er im sächsischen Vogtland, Studium in Dresden, dann Wechsel in den Westen an die Düsseldorfer Kunstakademie, wo er sich mit den Bechers, den Zero-Künstlern Mack, Piene, Uecker, dem Maler Konrad Klapheck befreundet und mit Familie Beuys ein gemeinsames Haus bewohnt. Stattdessen werden ellenlange Taxitouren durch Paris vorgeführt, selbstverliebte Sammler, endlose Kamerafahrten durch das Grün der Museumsinsel Hombroich. Am Ende gesteht auch der Künstler schwer atmend ein, dass es ihm reicht. Kurz sinniert er noch: Vielleicht ist das Bild fertig, vielleicht malt er morgen daran weiter.

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