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Kultur: Kultur-Zentralismus?: Marsch zurück

Julian Nida-Rümelin hat sich gut eingeführt. Es fragt sich nur, wo.

Julian Nida-Rümelin hat sich gut eingeführt. Es fragt sich nur, wo. Und bei wem. Mit einem Bekenntnis zum Kulturföderalismus stellte sich der neue Staatsminister im Kulturausschuss des Bundestages vor. Berlin, sagte Nida-Rümelin, sei eine Stadt von vielen und "keine Kulturhauptstadt". Er fügte hinzu, das solle auch so bleiben, "in guter deutscher Tradition."

Das war freilich beste bayerische Tradition, die da aus Nida-Rümelin, dem früheren Münchner Kulturreferenten, sprach. Keine Sonderbehandlung für Berlin! Wehret dem Zentralismus! Bayerns Kultusminister Hans Zehetmair, der auf jedem Hauptstadthaupt eine preußische Pickelhaube sieht, betet dieses Argument seit Jahr und Tag herunter. Und vermutlich wollte Nida-Rümelin seine Kollegen in den Bundesländern erst einmal beruhigen, indem er ihnen zu verstehen gab: Ich bin nicht Naumann!

Das ist er wirklich nicht. Nida-Rümelin hat das Problem, dass er sich von seinem Vorgänger abgrenzen muss, von dem Mann, für den das Amt des Kulturstaatsministers im Kanzleramt geschaffen wurde. Michael Naumanns Wirkung war enorm. Er hat in kurzer Zeit einiges erreicht - und vieles angestoßen. Zum Beispiel die Debatte über den Föderalismus in der Kultur. Dass der Nachfolger hier sofort klein beigibt, zeugt nicht von allzu großer Courage. Anders als Naumann, der keine Auseinandersetzung scheute, verhält sich Nida-Rümelin taktisch-politisch. Das mag die Opposition erfreuen und vielleicht auch den Kanzler, der schon genug Ärger und Wackelkandidaten im Kabinett hat. Aber es ist eine erste Enttäuschung, wenn der Neue nichts Eiligeres zu tun hat, als das eigene Amt unter den Scheffel zu stellen.

Und es dient der Sache nicht: weil es Unsinn ist zu sagen, Berlin sei eine Stadt wie viele andere. Selbstverständlich ist eine Hauptstadt auch das geistig-kulturelle Zentrum des Landes - oder müsste es werden. Es spricht einiges dafür, dass sich Berlin auf dem Weg befindet. Deshalb hat der Bund, der sich vorher in Bonn engagierte, die Entscheidung getroffen, stärker als bisher für die Kultur in der Hauptstadt zu sorgen; von Barenboim bis Berggruen, vom Gropius-Bau zu den Berliner Festspielen. Da mag manches umstritten sein, aber die Richtung stimmt. Will Nida-Rümelin das umkehren? Erkennt er nicht, dass eine Bundeskulturpolitik zwar nicht ausschließlich, aber doch zu weiten Teilen in der Hauptstadt passiert? Im übrigen hat Naumann in keinem Punkt die "Hoheit" der Bundesländer angetastet. Er trug nur der veränderten Lage Rechnung. Bonn, das war einmal.

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