zum Hauptinhalt
Auch von Sackler bezahlt: Die Serpentine Sackler Gallery von Zaha Hadid im Londoner Hyde Park.

© Luke Hayes, 2013

Kultursponsoring: Was tun, wenn der Geldgeber belastet ist?

Debatte über Sponsoring-Geld im Kunstbetrieb: Britische und amerikanische Museen kündigen nach Protesten an, auf Millionen der Sackler-Familie zu verzichten.

Museen und Ausstellungshäuser sind auf großzügige private Unterstützer angewiesen. Nur wird es zunehmend kompliziert, die richtigen Sponsoren zu finden. Sie müssen viel Geld haben, aber auch eine weiße Weste.

Der Auslöser dafür, dass nun verstärkt über schmutziges Geld in der Kunst geredet wird, ist die Aktion der Künstlerin Nan Goldin. Goldin initiierte unter anderem in der National Gallery in London, am New Yorker Guggenheim und am Metropolitan Museum Proteste gegen Spenden der Sackler-Familie, da diese in die Opiodkrise in Amerika verwickelt ist. Goldin war früher selbst von Opioiden abhängig.

Stiftung will ihre philantropischen Aktivitäten zunächst einstellen

Weil inzwischen auch weitere Museen und Kunstinstitutionen erwägen, keine Gelder mehr von Sackler anzunehmen, hat die Sackler-Familie nun selbst erklärt, ihre millionenschweren Unterstützungen in Großbritannien vorerst einzustellen. Um den Kulturpartnern nicht zu schaden, wie es auf ihrer Website heißt.

Der Familien-Clan und deren Pharmaunternehmen Purdue Pharma gelten als ein Auslöser für die amerikanische Opioid-Krise. Immer mehr Menschen sind in Amerika vom Schmerzmittel Oxycontin anhängig, das wiederum von der Sackler-Familie mitentwickelt und vermarktet wird. Die Familie verdient Milliarden mit der Arznei, die in den USA ganz normal von Ärzten verschrieben wird. Laut Medienberichten sterben im Zuge der Opioid-Epidemie immer mehr Menschen in den Vereinigten Staaten, weit mehr als 100 Opfer pro Tag sollen es sein. Der Sackler-Firma wird vorgeworfen, die Risiken von Opioiden kleinzureden. Gegen den Konzern laufen gut tausend Klagen.

Gleichzeitig ist ihr philantropisches Engagement riesig: Der Serpentine Gallery in London finanzierten sie einen neuen Anbau von Zaha Hadid. Das V&A Museum benannte einen zwei Millionen Pfund teuren Eingangshof nach den Spendern. Auch die Tate, die Royal Academy oder der Louvre haben schon von Sacklers Millionen profitiert.

Purdue Pharma wird beschuldigt mit seinem Medikament OxyContin eine Opioid-Epedemie in den Vereinigten Staaten auszulösen, die täglich über hundert Amerikaner tötet.
Purdue Pharma wird beschuldigt mit seinem Medikament OxyContin eine Opioid-Epedemie in den Vereinigten Staaten auszulösen, die täglich über hundert Amerikaner tötet.

© George Frey, REUTERS

Was ist ethisch vertretbar?

Was tun? Schmutziges Geld ist im Kunstbereich schon lange ein Problem, nicht erst mit Sackler. Bei der Biennale in Sidney 2014 wehrten sich Künstler gegen den Hauptsponsor Transfield, eine Firma, die als Mitinhaber privat betriebener Flüchtlingslager in Verruf geriet, deren  Chef die Biennale allerdings mitgegründet hat. Die Firma zog sich schließlich, wie Sackler, zurück.

Dass Künstler und Museumsdirektoren die Geschäfte ihrer Sponsoren eigentlich nicht billigen können, kommt in allen Größenordnungen und auf allen Ebenen vor, nicht nur in den USA oder Großbritannien. Als die Berlinische Galerie Anfang der 2000er Jahre einen vom Energieerzeugers Vattenfall finanzierten Kunstpreis vergab, regte sich Unmut bei Klimaschützern und Befürwortern des Kohleausstiegs. Da Vattenfall sich aus dem Preis zurückzog, blieb es dem Landesmuseum erspart, Konsequenzen zu ziehen.

Das Reinwaschen mit Kunst ist ein Problem

In ähnlich ungutem, bisher kaum besprochenem Fahrwasser bewegt sich der „Vonovia Award für Fotografie“. Die Preisträger werden gerade in Berlin in einer kommunalen Galerie ausgestellt. In der Jury sitzen ehrenvolle Künstler wie die Ostkreuz-Fotografin Ute Mahler. Die finanzierende Wohnungsfirma mit Sitz in Bochum wird allerdings mit schlimmer Mieterabzocke in Verbindung gebracht.

Was tun, wenn der Sponsor belastet ist? Hier ergibt sich ein ähnliches Dilemma, wie bei der guten Kunst von Menschen, die privat in Verruf geraten, siehe Michael Jackson oder Woody Allen. Darf man deren Musik und Filme noch goutieren? Darf man einem ausbeuterischen, verantwortungslos agierenden Konzern erlauben, sich mit freier, unabhängiger Kunst in Verbindung zu bringen? Mit Kunst, die solche Praktiken oft sogar noch kritisiert?

Institutionen „müssen eine Entscheidung“ treffen, fordert Nan Goldin in ihrem Protestaufruf. Museen sollten mehr auf ihre Künstler hören als auf ihre Philanthropen, wird sie im „Guardian“ zitiert. Wie man am aktuellen Beispiel Sackler sieht, können Künstlerproteste etwas bewirken.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false