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Kulturstaatssekretär André Schmitz: "Alles wird gut"

Vor der Opernkonferenz: Kulturstaatssekretär André Schmitz spricht über das Schicksal Kirsten Harms als Intendantin und die Haushaltssperre für die Deutsche Oper.

Herr Schmitz, was erwarten Sie von der Berliner „Opernkonferenz“ am Montag im Radialsystem? Das Podium ist hoch besetzt, Gérard Mortier, Klaus Zehelein …

Wenn so viele hochmögende Persönlichkeiten den Weg nach Berlin finden, dann freut mich das natürlich. Weil es zeigt, wie attraktiv wir als Opernstandort sind.

Haben Sie die neue „Ariadne“ an der Deutschen Oper gesehen?

Großartig! Das Schönste seit langem auf einer Berliner Opernbühne!

Ist Kirsten Harms Schicksal als Intendantin trotzdem besiegelt?

Ein solcher Erfolg unterstreicht immer die Bedeutung der Deutschen Oper Berlin. An dieser Bedeutung wollen wir unbedingt festhalten. Und Frau Harms wird ihren Vertrag ganz sicher erfüllen.

Bis 2011?

So sagt es die bisherige Vertragslage.

Ab September mit Donald Runnicles als neuem Generalmusikdirektor?

Ab September mit Runnicles, auf den sich Berlin wirklich freuen darf.

Jürgen Flimm darf als Staatsopern-Intendant erst kommen, wenn Salzburg einen Nachfolger für ihn hat. Peinlich für Berlin.


Natürlich haben wir Flimm bei den Verhandlungen auch nach Salzburg gefragt. Das schien kein Problem zu sein. Dann gab’s eine Menge Theaterdonner. Aber keine Sorge: Alles wird gut.

Wozu braucht Berlin eigentlich noch eine Opernstiftung?

Die Opernstiftung hat ein immenses historisches Verdienst: Sie hat 2004 „meine“ Deutsche Oper gerettet. Ein Fusionsbeschluss hätte damals die Schließung des Hauses bedeutet. Heute stellt sich die Situation aus der Perspektive des Regierenden Bürgermeisters und aus meiner ein bisschen anders dar. Wir können und wollen die künstlerische Autonomie und die Profile der Häuser stärken. Dazu brauchen wir an der Spitze der Stiftung einen erfahrenen Administrator – den haben wir mit Peter F. Raddatz gefunden. Die Stiftung soll dienen, ermöglichen, vermitteln, kurz: funktionieren.

Nur die drei Spielpläne sinnfällig zu koordinieren, das schafft sie bis heute nicht.

Da gebe ich Ihnen recht. Das muss auch politische Forderung bleiben, der Steuerzahler hat ein Recht darauf, dass nicht alle drei Häuser gleichzeitig spielfrei haben oder die „Zauberflöte“ geben.

Apropos Autonomie: Inwieweit trifft die aktuelle Haushaltssperre an der Deutschen Oper auch die anderen beiden?

2004 hieß es, der Gesamtetat der Stiftung müsse auf 96,8 Millionen Euro abgesenkt werden. Dann kam das Jahr 2008 mit der politischen Großtat, noch einmal 20 Millionen draufzulegen. Somit haben wir uns jetzt auf 116 Millionen eingependelt und geben 2,5 Millionen mehr für Oper und Ballett aus als vor Gründung der Stiftung. Zusätzlich stehen 263 Millionen für die Renovierung der Staatsoper und die Instandsetzung des Schillertheaters bereit, 3,5 Millionen kostet uns der Ballettstandort Deutsche Oper. Das ist alles nicht selbstverständlich und war auch nicht leicht durchzusetzen. Insofern sind die Mitglieder der Opernstiftung in schwierigen Zeiten natürlich dazu aufgefordert, Solidarität zu üben.

Demnach haben Staatsoper und Komische Oper das Loch von 800 000 Euro in der Kasse der Deutschen Oper zu stopfen?

So eindimensional würde ich das nicht formulieren. Kirsten Harms hat ja sofort auch eigene Maßnahmen ergriffen. Aber sicher ist die Opernstiftung ein Instrument, mit dem sich hier arbeiten ließe. Dem entgegen steht, dass die Deutsche Oper 2008 die erfolgreichste Besucherstatistik von allen dreien hatte! Das heißt, sie kann möglicherweise eine ausgeglichene Bilanz vorlegen. Fantastisch!

War die Rentennachzahlung, die sie nun leisten muss, vorhersehbar?

Grundsätzlich ja, aber nicht in der Höhe, so höre ich. Wir werden uns bei der Rentenkasse um eine Härtefallregelung bemühen, was im günstigsten Fall eine Halbierung der Beträge zur Folge haben könnte.

Wie entgeht das Land Berlin dem Würgegriff der Tarifsteigerungen? Der Apparat frisst die Kunst, sagt nicht nur Kirsten Harms.

Einen leisen Vorwurf kann ich gerade ihrem Haus da nicht ersparen. Es kriegt rund fünf Millionen Euro mehr – und droht postwendend mit dem nächsten Defizit? Dann hat man sich an der Bismarckstraße auf die geplanten Zuschussabsenkungen offenbar nie ernsthaft eingelassen. Wäre uns im Stiftungsrat die Brisanz der Lage vorgetragen worden, wir hätten dem neuen Energiekonzept des Hauses für 1,2 Millionen nie zugestimmt! Aber noch einmal: Die Deutsche Oper ist das größte Haus am Platz, dem fühlen wir uns verpflichtet.

Trotzdem hat man den Eindruck, die Politik lasse die Deutsche Oper systematisch verhungern – die Lindenoper, finanziell ohnehin feudaler ausgestattet, bekommt seit 2008 zehn Millionen Euro mehr.

38 Millionen Subvention pro Jahr sind auch keine Hungerration. Aber: Am grünen Tisch ließe sich die Opernsituation heute sicher ganz anders konzipieren. Wir würden Daniel Barenboim und die Staatskapelle nicht wieder in ein kleines Barocktheater stecken, damit sie dort den „Ring“ spielen. Und wir würden das zweitgrößte Opernhaus der Republik nach der Bayerischen Staatsoper finanziell ganz sicher nicht schlechter ausstatten. Historisch ist das seit der Wiedervereinigung nun einmal so gewachsen.

Kann oder will die Politik gegen diese Ungleichbehandlung nichts unternehmen?

Politik wird nicht am Reißbrett gemacht. Gleichzeitig muss man auch sehen, dass die Opern im Gesamtkulturetat der Stadt ungeheuer viel Geld binden. Wir müssen da behutsam vorgehen, im Parlament sitzen nicht nur Kunstfreunde.

Was sagen Sie zu Stefan Braunfels’ nachgereichtem Entwurf für die Renovierung der Lindenoper? Paulick mit einem die Akustik verbessernden vierten Rang: die erfolgreiche Quadratur des Kreises?

Vielleicht, wer weiß. Nur leider gibt es Vergaberegeln, die wir zu respektieren haben. Das erste Verfahren wurde aufgehoben, weil sich niemand an den Denkmalschutz gehalten hat – auch Herrn Braunfels’ erstes Konzept sah ja völlig anders aus. Das heißt, der Denkmalschutz ist in einer starken Position. Die beiden Hauptprobleme der Renovierung, die Sichtachsen und die Akustik, haben wir mit dem ausführenden Architekten zu diskutieren. Und der wird bald feststehen.

Krisen sind auch erotisch. Würde Ihnen etwas fehlen, wenn die Berliner Opernlandschaft genug Geld hätte und nur mehr gute Kunst produzierte?

Nein! Ich hätte dann viel mehr Zeit, mich der reichen, spannenden Kulturszene dieser Stadt zu widmen. Und ich hätte vielleicht auch ein paar Euro mehr, um auf die mehr als berechtigten Wünsche dieser Szene einzugehen.

Das Gespräch führte Christine Lemke- Matwey.

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