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Tim Renner, 49, bei seiner Vorstellung als neuer Berliner Kulturstaatssekretär.

© dpa

Kulturstaatssekretär Tim Renner tritt Amt an: "In Berlin darf man scheitern"

An diesem Montag tritt der frühere Universal-Chef und Pop-Manager Tim Renner sein Amt als neuer Kulturstaatssekretär an. Wir haben ihn vorab bei einem Auftritt beobachtet - sehr bescheiden, der Mann.

Am Freitagnachmittag, also noch nicht ganz als Kulturstaatssekretär, aber auch nicht mehr als Privatmensch, darf Tim Renner noch einen Auftritt auf vertrautem, beinahe kuscheligem Terrain absolvieren: Die Genossenschaft, unter deren Regie an der Holzmarktstraße das Bauprojekt „Eckwerk“ westlich der Bar 25 entsteht, hat zur Präsentation des Architektenentwurfs geladen: ein Sockel im Stil des benachbarten Bahnviadukts, aus dem fünf per „Bergpfad“ verbundene Hochhäuser mit Holzfassaden wachsen.

Für die anschließende Diskussion betritt also Renner gemeinsam mit Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) und einem Investor das Podium in diesem wilden Holzbau, der zurzeit das Zentrum des Geländes am Spreeufer bildet. Zuvor hatte die Bühne einem Pianisten und einem Schäferhund gehört, während Kinderwagen die Fluchtwege zuparkten, ein Elektroauto herumstand und bärtige Menschen mit Hüten und Szenegetränken ein Berlingemälde komplettierten, das exakt dem weltweit besungenen Klischee entspricht.

Renner passt mit seinem Hemd im Jeanslook und der fliederfarbenen Hose gut hierher. „Ich bin jetzt Doppelgenosse“, sagt er ins wohlgesonnene Publikum. „Jeder macht mal einen Fehler“, frotzelt Heilmann – und meint damit eher Renners noch frische SPD-Mitgliedschaft als sein Engagement in der „Genossenschaft für urbane Kreativität“, die hier Visionäres bauen will.

Nachdem die Architekten ihre Pläne präsentiert haben, die zu schön oder zu teuer sein dürften, um wahr zu werden, sagt Renner: „Ja, das kann schiefgehen. In Berlin darf man scheitern.“ Das sei das Tolle an dieser Stadt. Selfmade-Millionär Heilmann kontert: „Ich persönlich bin ja ins Gelingen verliebt.“ Geplänkel zweier Kulturleute, von denen schwer vorstellbar ist, wie sie wissbegierig in der wöchentlichen Senatssitzung am Dienstagmorgen die Vorlage der 27. Änderungsverordnung zur Durchführungsverordnung einer Verwaltungsvorschrift zur Kenntnis nehmen.

Renner wird nicht ausgebuht, aber er steht da wie in Deckung: Einen Schritt hinter den anderen beiden, sehr schmal und etwas kleiner als sie, den Kopf leicht gesenkt, so dass er ohne Not zu ihnen aufblicken muss. Es gibt noch einen Vierten auf der Bühne: einen Roboter aus Schrott, den eine Pneumatik scheppern und schnaufen lässt, wenn jemand zu lange redet. Er muss nicht oft eingreifen. Als er bei Renner zu rumpeln beginnt, bedankt der sich für den Hinweis und rät mit Blick auf das Bauprojekt, sich nicht zu wundern, „wenn’s länger dauert und teurer wird“. Einen Großsprecher oder Zweckoptimisten hat sich Klaus Wowereit mit Renner also bestimmt nicht in seinen Senat geholt.

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