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Kultur: Kunst auf der man auch sitzen kann

Zuerst war der Raum, dann kamen drei Künstler, ließen sich von der Form, den Säulen und den Möglichkeiten inspirieren und machten sich an die Arbeit. Das Ergebnis sieht so aus: Es winden sich um vier der sechs Stützen des großen Foyers im Podewil elfenbeinfarbene Objekte aus PVC-Plane.

Zuerst war der Raum, dann kamen drei Künstler, ließen sich von der Form, den Säulen und den Möglichkeiten inspirieren und machten sich an die Arbeit. Das Ergebnis sieht so aus: Es winden sich um vier der sechs Stützen des großen Foyers im Podewil elfenbeinfarbene Objekte aus PVC-Plane. Sie sind mit Luft gefüllt und wirken eigentümlich organisch. Sie erinnern an riesige Würste, die sich auf dem Boden winden. Ihre Schweizer Erschaffer Sabina Lang und Daniel Bauman nennen die Gebilde "Comfort" und verstehen ihre Schöpfung als Sitzskulpturen.

Der dritte Mitgestalter der Ausstellungsarchitektur von "come in and find out, vol. 2", der Niederländer Bob Gramsma, steuerte ganz gewöhnliche Stehlampen bei (ein Großteil davon ist eine Ikea-Leihgabe). Sie beherrschen als kompaktes Ensemble mit einem Wirrwarr von Kabeln die Mitte des Saals und leuchten vor einem verzinkten Baucontainer, der ebenfalls zur Dramaturgie der Lichtinstallation gehören soll. In diesem Container befindet sich die spannende Arbeit von Ester Eva Damen, eine von insgesamt elf internationalen Künstlern, die das Podewil mit dieser Ausstellung über Positionen aktueller Kunst zeigt. Die Niederländerin drehte den neun Minuten langen Schwarzweißfilm "Windhangen", der anekdotenhaft und traumwandlerisch vor dem Hintergrund einer unendlichen Wiesenlandschaft von dem Verhältnis zweier Schwestern zueinander erzählt. Mit Mutproben wollen die beiden Frauen einander beweisen, wer die Stärkere ist. Doch man ahnt, dass eine Scherbe in der Armbeuge oder ein gegessener Käfer in diesem Machtkampf nur ein Etappensieg sein kann. Das psychologisch ausgefeilte Spiel fesselt, deshalb möchte man den Film gleich noch einmal sehen, wozu der dunkle Innenraum des Containers ungestört Gelegenheit bietet.

Die weiteren Exponate reihen sich um dieses Zentrum der Schau: Fotografie, Video und eine überraschende Soundinstallation von Mathilde ter Heijne. Es dauert einen Moment, bis sich die im Hintergrund hörbaren Stimmen orten lassen. Sie kommen aus den vielen braunen Pappkartons, die in einer Ecke aufgestapelt sind. Die Dinger könnten auf den ersten Blick auch der dort gelagerte Verpackungsrest der ausgestellten Kunstwerke sein, was die Irritation noch ein wenig steigert. Aber diese künstliche Lagerhausatmosphäre mit Kartons aus Spanien, Italien und Fernost ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit. Die Kisten stehen für ihre Herkunftsländer und für deren Kulturen, die uns fremd sein können. Doch diese Fremde hebt Mathilde ter Heijne mit dem Liebesgeflüster wieder auf; schließlich ist die Liebe für sie ein internationales Medium der Verständigung.

Auch die Austellung "come in and find out, vol. 2" setzt auf länderübergreifende Begegnung. Die Kuratorin Klara Wallner bietet den teilnehmenden Künstlern ein Forum des Austausches ohne thematischen Schwerpunkt und den Berlinern im Kunstherbst ein weiteres Stück junger europäischer Kunst.Podewil, Klosterstraße 68-70, bis 15. November; Montag bis Sonnabend 14-22 Uhr

Ines Altenrath

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