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Blutsbrüder. Andy Warhols in Baden-Baden ausgestelltes Porträt der drei Söhne trägt den Titel „The Three Gentlemen“ (1982).

© The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts/Licensed by Artists Rights Society (ARS), New York

Kunst aus der Burda-Sammlung: Bunt aus Leidenschaft

Das Museum Frieder Burda in Baden-Baden zeigt Kunst aus der Familiensammlung. Kuratiert vom Direktor der Nationalgalerie.

Lange vor der legendären Verlegerfamilie Burda hielt sich viel Prominenz in Baden- Baden auf – in der traditionsreichen „Sommerhauptstadt“ der europäischen Aristokratie und kultureller Eliten.

Auch der expressionistische Maler Max Beckmann ließ sich dort regelmäßig kurieren und fing malerisch den Blick aus dem Fenster auf die Gassen oder Momente im Kurleben ein.

Seine Gemälde sind nun im Museum Frieder Burda zu sehen, gemeinsam mit weiteren Ikonen der frühen expressionistischen Malerei aus der Kollektion der Unternehmerfamilie und ihrer Söhne Franz, Frieder und Hubert: eine ausdrucksstarke Kunst, die wirkt, als wollte sie die farbenfrohen Printprodukte des Burda-Programms spiegeln.

Hinter der strengen Fassade des von Stararchitekt Richard Meier 2000 errichteten Museums kann nun der Besucher über Rampen durch die auf drei Etagen präsentierte Schau „Die Bilder der Brüder“ flanieren und sich dabei förmlich im Farbenrausch der Burda-Sammlung verlieren.

Denn – das ist eine gelungene Pointe der Ausstellung – die auf Stadt- und Landschaftsmalerei sowie Stillleben fokussierende Auswahl ist auf der zweifarbigen Wandmalerei des US-Künstlers Carl Ostendarp installiert.

Pure Passion für Farbe und Bild

Die Ausstellungsräume sind analog zu Goethes prismatischem Diagramm in verschiedenen Farben gehalten. Kurvige Farbflächen untermalen die in zeitlicher Chronologie gehängten Werke. Formal konterkariert die wellenartige Bewegung der zweifarbigen Horizonte das mitunter kantige Formenspiel der expressionistischen Bilder.

Das Konzept der Kuratorinnen Patricia Kamp, Stieftochter des letztjährig verstorbenen Frieder Burda und Betreiberin des Salon Berlin, und Udo Kittelmann, noch kurze Zeit Direktor der Berliner Nationalgalerie, berücksichtigt Werke, die „die Söhne auf ihrem Weg zur Kunst und für ihre jeweilige Zukunft stark beschäftigt haben“.

Kamp berichtet, dass vor allem auf Wunsch Frieder Burdas „die Bilder der Familie einmal in einer Ausstellung“ zusammengeführt worden sind.

Die Geschichte der Sammlung begann in Offenburg, wo die Familie in der ersten Generation lebte und das Firmenimperium gründete. Aenne Burda erwarb Mitte der fünfziger Jahre zunächst Nachkriegsabstraktionen, beraten von dem in Baden-Baden wirkenden Künstler Hans Kuhn.

Er beriet später auch ihren Mann Franz Burda senior, als dieser aus dem Spätwerk von Pablo Picasso und gegen Ende der fünfziger Jahre expressionistische Kunst im großen Stil kaufte. Pure Passion für Farbe und Bild trieb den Verlagsgründer, der stets betonte, dass er keine gezielte Sammelstrategie verfolge. Aber er sammelte mit Sachverstand und Weitblick, ließ sich mit den Jahren auch von Galeristen beraten, war oft mit Künstlern befreundet.

Eines der international bekanntesten Privatmuseen Deutschlands

Seinen jüngsten Sohn Hubert bezog Franz Burda in den sechziger Jahren zunehmend in die Unternehmensleitung mit ein. Dieser bewegte 1973 Andy Warhol zu den legendären Porträts von Franz Burda senior. Die Werke aus dem elterlichen Sammlungsvermächtnis, das unter den drei Brüdern verteilt wurde, sind deshalb flankiert von drei großformatigen Warhol-Porträts der Söhne „The Three Gentlemen“ (1982), gewissermaßen als Randnotiz.

Der ins aktive Familiengeschäft nicht mehr eingebundene Frieder war es, der das 55 000-Einwohner-Städtchen zum Standort eines der international bekanntesten Privatmuseen Deutschlands machte. Und damit ist Burda im Süden Deutschlands in bester Gesellschaft, wo sich die meisten Privatsammlungen der Republik befinden. Im Schwarzwaldstädtchen St. Georgen beispielsweise die Familiensammlung des Zeituhrherstellers Dieter Grässlin.

Raum für kindliche Kunstfreunde

Das Sammlerprofil der Burdas mit dem Schwerpunkt auf klassischer Moderne und Nachkriegskunst aus dem deutschsprachigen Raum ist vergleichbar mit dem einiger Kollegen, doch wurde die Kollektion mit der Zeit erweitert – um etliche aus jener Farbleidenschaft erworbene Werke von zeitgenössischen Künstlern wie Georg Baselitz, Markus Lüppertz, Arnulf Rainer, Gerhard Richter sowie Neo Rauch und Matthias Weischer.

Damit hebt sich die Burda-Sammlung beispielsweise von der FER Collection des Pharmaunternehmers Friedrich Erwin Rentschler in Ulm ab, der epochenorientiert Arte Povera, Minimal Art sowie Konzeptkunst sammelt und als Gründungsmitglied des Zentrums für Kunst und Medien mit der Karlsruher Institution sehr verbunden ist.

Dass die Kollektion der Burdas nicht nur für das eigene Wohnzimmer gedacht war und ist, sondern dem Geist einer „Familienunternehmung“ gerecht werden will, lässt sich auch am Raum für die kindlichen Kunstfreunde ablesen. Dort hängen die Bilder auf deren Augenhöhe.

Daran, dass Baden-Baden von der Kur- zur Kunststadt avanciert ist, hat das Museum Frieder Burda einen großen Anteil. Nebenan in der Kunsthalle können sich die Besucher und Besucherinnen anschließend in der hervorragend inszenierten „Kulturgeschichte des Bades“ erfrischen und sich hinterher dann ein paar Schritte weiter im Kurhaus noch ein Vollbad in den „Digitalen Träumen“ des US-Künstlers Refik Anadols genehmigen.
Museum Frieder Burda, Baden-Baden, bis 4. Oktober

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