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Einladung zur Promenade. „Auf dem Fluss“ von Svitlana Galdetska, 2017.

© TVD ART

Kunst aus Lettland: Füße im Wasser

Atmosphärische Landschaften, coole Frauendarstellungen: Die Charlottenburger Galerie TVD Art zeigt eine Sommerausstellung mit lettischer Gegenwartskunst.

In klassischer Pose präsentiert sich die junge Nackte, den Spiegel wie bei Tizian oder Giorgione zur Selbstbetrachtung bereit. Ihren Körper hat Paulis Postažs in altmeisterlicher Malweise festgehalten, der restliche Raum verschwimmt in diffusen Strichen. Kein edel drapiertes Bett, nur ein provisorisches Matratzenlager und statt eines Fensterausblicks auf Bella Italia die im Abendrot verglühende Silhouette der baltischen Metropole Riga. Als Modell diente dem lettischen Maler die eigene Frau mit hennarot gefärbten Haaren, eine Anspielung auf die weiblichen Figuren der Renaissance.

Postažs’ „Venus von Riga“ ist Teil der Sommerausstellung mit zeitgenössischer Malerei aus Lettland in der Berliner TVD Art Galerie. Für den Kunsthändler Valerij Tarasenko reichen die Wurzeln dieser Kunst bis in die klassische lettische Avantgarde zurück. Auch sie war schon bei TVD Art zu sehen, etwa das Werk von Gederts Eliass (1887 – 1975), der den Fauvismus eines Matisse ins Baltikum brachte.

Von der Coolness der Neuen Sachlichkeit ist Anna Baklane inspiriert: messerscharf gezeichnete Details, Surreales mischt sich mit Realem. Wie ungekrönte Königinnen wirken ihre schmalgliedrigen Gestalten mit Porzellanteint, sorgfältig lackierten Fingernägeln und aufwendigem Kopfputz. Selbstbewusst posieren sie vor minutiös ausgearbeitetem Tapetenhintergrund oder halb imaginären Landschaften. Frauendarstellungen favorisieren auch Agate Apkalne, Flera Birmane, Krista Dzudzilo und Anna Afanasjeva, die in die Welt der Teenager entführt. Wie aus der Zeit gefallen sind die Mädchen, die ihre T-Shirts gegen Trachten getauscht haben und sich Geheimnisse ins Ohr flüstern. Im Hintergrund eine karge bäuerliche Landschaft bei der ersten Schneeschmelze – pubertäres Erwachen ist kein Paukenschlag, es ist langsames Werden.

Menschenleer erscheint im Frühnebel ein See

Meditative Stille herrscht bei Vija Zarinas atmosphärisch dichten Landschaften. Menschenleer erscheint im Frühnebel ein See, hochgezogen bis zum Horizont. Oder die fast minimalistische Aneinanderreihung von Baumstämmen hinter einer Zaunwand auf langem Querformat. Mit ihrer Kunst ist die 57-Jährige in baltischen Museen und Sammlungen vertreten.

Im Kabinett dann die Leinwände der Ukrainerin Svitlana Galdetska. Man muss genau hinsehen: Kein Urlaubsschnappschuss hängt hier an der Wand, sondern meisterhafte fotorealistische Kunst. Die Füße im Wasser, das Kleid hoch geschürzt, verwirbelt ein Mädchen spiralige Wellen, in denen sich Sonne und Wolken spiegeln. Es sind die Töchter der Malerin, die sie aus ungewöhnlichen Blickwinkeln in einer höchst realen Landschaft aus Luft, Ufer und Sand zeigt.

TVD Art Galerie, Schlüterstr. 54; bis 31. August, Di – Fr 13 – 19 Uhr, Sa 12 – 18 Uhr

Angelika Leitzke

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