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Kultur: Kunst für alle

Pünktlich zur Art Cologne bringt ein schwedisches Möbelhaus Originaldrucke auf den Markt

Claudia Schiffer, Kate Moss und Gwyneth Paltrow waren neulich wieder shoppen: nicht Fashion, sondern Art. Und zwar die derzeit besonders gefragte Ware mit dem glamourösen Etikett „zeitgenössisch“. In einem Festzelt im Londoner Regent’s Park erstanden sie atelierfrische Kunsttrophäen. Zugleich waren die Girls selber Trophäen – für Celebrity-Fotografen, die auf der „Frieze Art Fair“, so heißt der herbstliche Edel-Flohmarkt auf grüner Wiese, auf Starpirsch gingen.

Die neue Promi-Kunstkaufeuphorie könnte verwundern, denn zeitgenössische Werke machen normalerweise weniger Spaß als eine Yacht oder ein Luxus-Cabriolet, sind aber oft genauso teuer. Andererseits demonstriert der Neusammler schon durch den Kaufakt ein gehöriges Maß an Power und Potenz. Und Zugehörigkeit zur Geschmackselite. Außerdem ist Kunstsammeln einfach hip. Seit einigen Jahren steht die Figur des Sammlers im Zentrum der Kunstweltaufmerksamkeit.

Nun tritt Ikea auf den Plan, nachdem sich auch schon die Supermarktkette Aldi auf dem Terrain des Kunst-Dumpings versucht hat. Pünktlich zum Start der gestern eröffneten Kunstmesse Art Cologne wirft jetzt der schwedische Möbelhersteller erstmals ausgewählte Drucke zeitgenössischer Künstler zu Schleuderpreisen auf den deutschen Markt. In Schweden ist das Konzept schon aufgegangen. Die Bilder waren innerhalb kürzester Zeit ausverkauft.

Immerhin haben sich ein mehrfacher Biennale-Teilnehmer und zwei Professorinnen der Stockholmer Kunsthochschule für die Sache gewinnen lassen. Schwedische Pop-Art eines Jan Hafström ist unter den angebotenen Motiven, ein romantisches Breitformat der Fotografin Denise Grünstein, das an die suggestiven Fotoarbeiten Gregory Crewdsons erinnert, und das charmant-ironische Motiv „Besuch daheim“ von Ernest Billgren, einem der bekanntesten Künstler Schwedens. Sein Motiv lässt sich als Sinnbild für die gesamte Kunstoffensive betrachten: Eine Schar vorwitziger Ferkel dringt in ein exklusives Schlossambiente ein.

Interessanterweise widmen sich multinationale Konzerne aus dem skandinavischen Raum mit besonderer Verve der Vermittlung von High und Low. Hier wäre auch die schwedische Bekleidungsfabrik Hennes & Mauritz zu nennen, die vor einiger Zeit Kreationen von Karl Lagerfeld zu günstigen Preisen in sein Sortiment streute, wo sonst Billigartikel aus Asien zu finden sind.

Fest steht: Ikea stellt sich mit seiner Aktion in eine Tradition avantgardistischer Kunst-für-alle-Pioniere à la Andy Warhol oder Joseph Beuys. Der heutige Mensch ist indes nicht nur 15-Minuten-Fernseh- oder Youtube-Star, er ist nicht nur Künstler, sondern auch Sammler. Für 169 Euro gehört er zum erlauchten Kreis. Die Drucke sind signiert und auf je 1000 Stück limitiert. Wer ein Exemplar ergattert, darf sich elitär vorkommen – während sich umgekehrt so mancher Promi fast schon gewöhnlich fühlen muss. Auf der „Frieze Art Fair“ wurden VIP-Sammler wegen des Andrangs nach Bedeutung und finanzieller Potenz sortiert. Millionäre in Klasse C mussten am längsten Schlange stehen, durften aber mit einem gewissen Vorsprung vor Normalbesuchern in die Kunstmesse eilen. Prominente müssen heute demnach reich und schnell sein. Ikea-Kunstkäufer haben sich nur zu beeilen.

Johanna Di Blasi

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