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KUNST Stücke: Autoträume

Jens Hinrichsen hat sich den Stolz der Straßen genauer angeguckt

Autoträume drehen sich um den Wunsch nach Freiheit, Energie und Potenz – meint das Traumdeutungs-Handbuch. Zu simpel? Kann sein, dass wir Schlafende tatsächlich einfache Leute sind. Tiefste Nacht umfängt das Auto auf einem Foto von Timo Kelaranta, einem Bild, das viel komplexer ist als so ein dummer Autotraum. Es heißt „The Planets", und der schemenhaft abgebildete Kleinwagen fährt nicht wirklich, sondern schwebt im Raum, zieht seine Kreise irgendwo zwischen Neptun und Pluto, scheint von Einsamkeit zerfressen. Bei genauem Hinsehen stammt das Motiv von einer fleddrigen Plakatwand, aber der geheimnisvollen Poesie von Kelarantas Kleinformat-Serie „The Quiets" tun solche Erkenntnisse keinen Abbruch. Der 57-jährige Finne ist Absolvent der Helsinki School, die ab heute von der Galerie TaiK in einer umfangreichen Gruppenausstellung gewürdigt wird: „Helsinki by Night“ (Bergstraße 22, bis 11. Mai).

Ziemlich melancholisch, dieses Helsinki: Der Spanier Alberto Salván Zulueta präsentiert sich in der Billirubin Galerie als Flaneur. Seine frostig menschenleeren Ansichten der finnischen Hauptstadt überzeugen durch ausgewogene Farbigkeit und überlegte Bildkomposition. Was den Bildern (noch) fehlt, ist das gewisse Etwas, das der Philosoph Roland Barthes als „punctum“ beschrieb: die Widerhaken, verstörenden Details, winzige Rostflecken im Oberflächenglanz der Bilder. Die Ausstellung „Cars & Houses" mischt das verschneite Helsinki mit dem Autokult im sommerlichen New York. Zulueta lichtet amerikanische Schlitten strikt von der Seite ab, jeweils vor einer Hausfassade, und erstellt so eine Sammlung von Traumautos. Autoträume sehen anders aus. Richtig gute Fotografie tut das auch (Linienstraße 127, bis 14. Juni).

Jens Hinrichsen

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