zum Hauptinhalt

KUNST Stücke: Die Andere

Raum hat man nie genug, und für Künstler zählt jeder Quadratmeter im Atelier. Ausbreiten, arbeiten, Hof halten – es gibt viele Gründe für großzügige Räumlichkeiten.

Raum hat man nie genug, und für Künstler zählt jeder Quadratmeter im Atelier. Ausbreiten, arbeiten, Hof halten – es gibt viele Gründe für großzügige Räumlichkeiten. Die Berliner Künstlerin Karin Sander hat sich in Moabit ein traumhaftes Studio gebaut. Auf dem Dach einer ziegelroten Manufaktur, der alten Heeresschneiderei in Moabit. In unmittelbarer Nachbarschaft: Katharina Grosse, das Architektenbüro Sauberbruch & Hutton und der Software-Entwickler Ivo Wessel mit seiner Kunstsammlung.

Sanders Räume mit ihren meterhohen Fenstern und Decken aus unverputzem Beton haben es bis in die „New York Times“ geschafft. Als Beispiel für eine gelungene Mixtur, in der sich Wohnung und Atelier kreuzen und selbst das Schlafzimmer zum Arbeitsort umfunktioniert werden kann. Den Raum wird sie momentan brauchen, denn die Künstlerin lädt seit einiger Zeit Kollegen ein, die in Sanders Studio ausstellen.

Eine Idee mit seltsam-schönen Blüten: Im Halböffentlichen verbinden sich die ästhetischen Statements der Architektur mit der Kunst anderer Produzenten mit Sanders ausschnitthafter Bibliothek, ihren eigenen konzeptuellen Entwürfen und Zeugnissen des Alltäglichen. Den Anfang machte Manfred Holtfrerich, die dritte Einladung ging nun an Wiebke Siem, die den Ort mit sechs ihrer Skulpturen erobert. (Lehrter Straße 57, Haus 2, bis 13. Februar, Fr & Sa 14–18 Uhr)

Man kennt Siems skurril-surreale Stoffskulpturen seit den achtziger Jahren. Inzwischen hat sie die wulstigen Objekte skelettiert. Zum Vorschein kommen: dürre Figuren an Besenstielen und mit hölzernen Wäscheklammern als Finger. Der Torso einer weiblichen Figur aus dem Nähatelier schwebt kopfüber auf einem Bügelbrett. Ihm gegenüber hängt ein hölzerner Kopf im Reifen, die Beine aus Krücken baumeln in der Luft. Surreal wie bei Max Ernst schaut es hier aus. Amorph wie bei Hans Arp. Dennoch weiß man, dass die Arbeiten nicht in die Vergangenheit weisen. Viel zu sehr lassen sie, auch dank der häuslichen Versatzstücke, an weiblich konnotierte Tätigkeiten denken, an primitive Fetische und „arme“ Materialien. Auf alles also, was sich im Kanon der Kunst nur mühsam behauptete. Siems schöne, witzige hölzerne Artisten führen in Sanders kargen Räumen ein exotisches Eigenleben. (Preise auf Anfrage)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false