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KUNST Stücke: Peng, ein Knall

Christiane Meixner ist auf der Suche nach den Blumen des Bösen.

Hier die Schöne, dort das Biest – so einfach sieht das aus, wenn Achim Riethmann stille Blumen mit ratternden Hubschraubern oder einer bewaffneten Figur im Schutzanzug kombiniert. In der jungen Galerie Stefan Westphal (Paul-Robeson-Straße 42, bis 16. Januar) hat Riethmann neben mehrere große Arbeiten (1600–3400 Euro) ein ganzes Tableau kleiner Aquarelle (je 900 Euro) gehängt, die er von Schau zu Schau neu ordnet. Keines der Motive ist komplett, stets fehlt ein Stück vom Auto, Taucher oder Soldaten. Dass man sie dennoch rasch erkennt, mag an den Vorlagen liegen: Riethmann, 1979 in London geboren und bis 2008 an der Berliner Universität der Künste bei Leiko Ikemura ausgebildet, blickt beim Malen auf Pressefotos. Und die sind gemacht für den schnellen Konsum.

Die Wahrheit seiner Bilder ist allerdings komplexer. Denn auch die Pflänzchen, die der Künstler so akribisch wie fein aufs Papier bringt, symbolisieren nicht die reine Natur. Sondern Genmais, manipulierte Kartoffeln und anderes von Menschenhand verändertes Saatgut, von dem keiner weiß, was es der Zukunft für Erträge bringt. So passen die botanischen Bastarde am Ende gut zu den maskierten Gestalten, die Knüppel schwingen oder Steine werfen – unklar, in welcher Funktion und auf wessen Befehl. Bedrohlich sind beide Seiten.

Von einer latenten Bedrohung erzählt auch Szymon Kobylarz in der Galerie Zak/Branicka (Lindenstraße 35, bis 30. Januar). Sein Thema ist jener „Wehrunterricht“, den die Mitglieder des Warschauer Paktes ihren Schulen einst in den Stundenplan schrieben – und in dem man wunderbar Krieg spielen konnte.

Als absurdes Erbe der zivilen Verteidigungsstrategie lässt sich wohl jene Vielfalt an selbst gebauten Waffen und Munition betrachten, deren Anleitungen im Internet kursieren. Kobylarz hat viele gelesen und einiges in Heimarbeit nachgebaut. Ein „Gun Cabinet“ (5000 Euro) mit Stäbchen aus Metall, Kartoffeln und Universalverdünner. Dazu die passenden Geräte, mit denen sich die harmlosen Dinge in schnelle Pfeile, dicke Geschosse oder Flammen verwandeln können. Fast noch mehr frappiert die Einfachheit der Gegenstände, aus denen der Künstler seine Waffen fertigt. Spülmittelflaschen, Klebeband, den Griff eines Wassersprengers: Ein erfinderischer Heimwerker braucht verblüffend wenig, um sein Zuhause ordentlich aufzurüsten. Und es geht weiter. An der gegenüberliegenden Wand der Galerie präsentiert Kobylarz neben einem „Periscope“ und seiner Gasmaske aus einer Cola-Flasche (je 2500 Euro) Buchminen und gefüllte Cannelloni-Bomben. Daneben hängt jeweils eine Zeichnung, die den worst case einer Explosion als wunderbares Farbspiel imaginiert. Die Schönheit der Gefahr, das Gefühl von Macht – beides manifestiert sich in den poetisch-explosiven Arbeiten. Das Biest ist noch lange nicht gezähmt.

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