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KUNST Stücke: Wurmlöcher

Der jungen Künstlerin Anna Genger gelang nach ihrem Abschluss am Londoner Royal College of Art vor gerade einmal zwei Jahren ein glänzender Start. Nun steht ihre zweite Ausstellung in der Galerie Upstairs (Zimmerstraße 90/91, bis 18. April) auf dem Programm.

Genger bietet nicht nur eine Fülle neuer Werke, sondern verarbeitet auch bemerkenswert viel Stoff. Was immer sie beobachtet, verwebt sie für große und kleine Formate (75-8700 €). Ebenen, Koordinaten, Farben und Linien – alles steckt in wirbelnden Turbulenzen. Da mischen sich pflanzliche Strukturen mit abstrakten Elementen, klare Konturen wechseln mit Dunst und Transparenz. Vor manchen Rundmotiven könnte man schwören, man werde von einem psychedelischen Wurmloch verschluckt. Doch bei aller extraterrestrischen Extravaganz, wirr oder planlos ist das nicht. Im Gegenteil. Genger bringt in bester Old-School-Technik Acryl oder Öl auf die Leinwand oder experimentiert mit Collagen aus Papier. Man wundert sich am Ende auch nicht mehr, dass Sprühfarbe, Haushaltslacke, diverse Filzstifte oder Glitzerkrümel zum Einsatz kommen. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts gab es die unterschiedlichsten Brücken zwischen Romantik und Moderne: die Musik von Claude Debussy, die Lyrik von Rilke und in der Kunst den Jugendstil. Anna Gengers runde, unverwechselbare Bilder sehen aus, als könnten sie den Jugendstil des 21. Jahrhunderts begründen.

Es ist noch immer etwas ungewohnt, dass es im rechten Treppenhaus der Zimmerstraße 90 jetzt bis in den obersten Stock Galerien gibt. Dort residiert seit Ende 2008 die indisch-amerikanische Galerie Nature Morte Berlin. Und im Augenblick kann man in den großen Räumen Arbeiten von Stephen Mueller sehen. Er wurde 1947 in Virginia geboren, lebt aber seit den siebziger Jahren in New York. Der Maler verwandelt seit langem die multikulturellen Impulse seiner Heimatstadt in abstrakte Kompositionen. Doch egal ob er Kreise, Ornamente oder archaische Konstruktionen miteinander verflicht, ob er Farbe sprüht oder Strukturen spiegelt: Seine assoziationsreichen Bilder bleiben von gleicher Kraft und Präzision. Fast wie im Lehrbuch lässt sich an ihnen die Wirkung von lässigen und doch penibel genauen Abstufungen farblicher Intensitäten, Symmetrie oder Nichtsymmetrie, Lichtfall und purer Farbe studieren. Wem es bislang nicht vergönnt war, seine Arbeiten in den USA zu sehen, wo sie überwiegend gezeigt werden, der eile die Treppen hoch. Denn seine erste deutsche Solo-Schau ist bloß noch bis Mittwoch (24. März) geöffnet.

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