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Schwarzbunt. Der Maler Romare Bearden, Jahrgang 1911 malte „After the church“ 1941.

© R. Bearden Foundation

Kunst und Markt: Terra Foundation: Auf Touren

Die Terra Foundation for American Art verleiht weltweit Kunst aus Amerika – auch Berlin profitiert davon.

Jedes Jahr verbrachte er die Sommermonate im Haus neben dem von Claude Monet in Giverny. Daniel James Terra hatte es zusammen mit Ländereien und anderen Gebäuden in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts gekauft, denn der in Philadelphia geborene Sohn italienischer Einwanderer liebte die Kunst der französischen Impressionisten. Ebenso hoch schätzte er allerdings die Gemälde und Skulpturen der amerikanischen Künstler seiner Zeit, die er entdeckte und zu sammeln begann, als er 1937 die Malerin Adeline Evans Richards heiratete.

Terras Geschichte ist die des Tellerwäschers, der zum Millionär und dann zum Kunstmäzen wurde: Sein Vater, Louis J. Terra war ein Lithograf, in seinem Betrieb jobbte der Sohn, während er Chemie studierte. „Noch als Student erfand Terra junior eine Druckertinte, die viel schneller trocknete als alle anderen zuvor – so wurde er reich“, erzählt John Davis. Der Europadirektor der Terra Foundation for American Art sitzt im Konferenzraum der Pariser Niederlassung der von Daniel Terra 1978 in Chicago gegründeten Stiftung, die seit einem Jahr im klassizistischen Hôtel Lévis-Mirepoix in der Rue de Lille im 7. Arrondissement beheimatet ist. Der Spezialist für Amerikanistik, der zuvor zwanzig Jahre lang am Smith College in Northampton unterrichtete, ist mit der Terra Foundation seit Langem verbunden. Präsidentin und Vorstandsvorsitzende seit 2001 ist die Kunsthistorikerin Elizabeth Glassman, die am Hauptsitz in Chicago arbeitet.

Die Stiftung verteilt rund um den Globus Kunstwerke

Davis beschreibt die Stiftung als „einzigartig darin, das künstlerische und kulturelle Erbe der USA zu bewahren und weltweit zu vermitteln“. Sie tue es vor allem mit ihrer beständig erweiterten Sammlung von inzwischen rund 800 Werken amerikanischer Kunst vom Kolonialismus Mitte des 18. bis zu den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Rund um den Globus verleiht die Stiftung Gemälde, Plastiken, Zeichnungen, Grafik und Fotografien an Museen und Institutionen für Ausstellungen und Forschungsprojekte. „Durchschnittlich zwanzig Prozent unserer Sammlung touren regelmäßig durch die Kontinente“, erklärt Davis. Als zweite Säule beschreibt der Wissenschaftler die globalen akademischen Förderprogramme, mit denen von Deutschland bis Japan und von Australien bis China Ausstellungen und Gastprofessuren, Reisestipendien, Symposien, Kolloquien, Vorträge, Workshops, Studienaufenthalte und vielfältige weitere Partnerschaften finanziert werden.

Fehlen als das dritte Segment noch die Publikationen, die unterstützt werden. „Meine Mission ist es, die drei Bereiche miteinander zu verweben.“ Stolz verweist Davis auf die rund 10 000 Bücher umfassende Forschungsbibliothek der Stiftung, die „einzige in Europa, die sich ausschließlich der amerikanischen Kunst im transatlantischen Austausch widmet“.

Mit mehr als 350 Millionen Dollar ist sie großzügig ausgestattet

Stiftungsgründer Terra, betont Davis, sei es von Anfang an darum gegangen, zu zeigen, „wie amerikanische Kunst und Kultur mit dem Rest der Welt verbunden ist. Er suchte den Dialog, die Kommunikation. Diesem Erbe sind wir verpflichtet.“ Terra, der 1940 zusammen mit einem Freund das Unternehmen Lawter Chemicals gegründet hatte und es zu einem der größten Hersteller von Druckertinten und Chemikalien machte, ersteigerte mit seinem Geld bald bedeutende Werke in Millionenhöhe – und sorgte für Rekordpreise. Unter anderem soll er in den achtziger Jahren vier Millionen Dollar für das Gemälde „In the Box“ von Mary Cassatt gezahlt haben. „Wir lesen so viel über unsere industriellen und wirtschaftlichen Erfolge“, meinte er damals, ich finde, mindestens genauso viel Beachtung verdient unsere kulturelle Entwicklung“. Terra, Jahrgang 1911, gründete deshalb das Terra Museum of American Art in Chicago und 1992, vier Jahre vor seinem Tod, ein weiteres Museum in Giverny, wo er Arbeiten amerikanischer Impressionisten zeigte, die damals zu dem von ihnen angebeteten Monet gereist waren. Heute verbringen Künstler und Forscher auf dem bukolischen Gelände mit seinen ländlichen Villen und Sommerhäusern Studienaufenthalte, es finden Konferenzen und andere Veranstaltungen statt.

Mit einer Summe von mehr als 350 Millionen Dollar ist die Terra Foundation for American Art großzügig ausgestattet. Ihr Gesamtvermögen inklusive Kunstsammlung, Immobilien und anderer Anlagen beträgt sogar rund 500 Millionen Dollar. In den vergangenen 15 Jahren vergab die Stiftung mehr als 61 Millionen Dollar für Ausstellungen und wissenschaftliche Programme in mehr als 30 Ländern. Inzwischen gibt sie bis zu acht Millionen Dollar jährlich für ihre Aktivitäten aus, einen guten Teil davon in Deutschland. „Wir wollen unsere Präsenz dort verstärken“, bekräftigt John Davis. So unterstützte Terra zuletzt Ausstellungen wie „Der Schatten der Avantgarde. Rousseau und die vergessenen Meister“ im Folkwang Museum Essen, „Florine Stettheimer“ in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus München und aktuell „Carl André: Sculpture as Place“ im Hamburger Bahnhof. „Wir haben bereits viele Türen geöffnet, unser globales Netzwerk verfeinert sich weiter“, fasst John Davis zusammen. Doch es gäbe auch weiterhin viel zu tun: „Die Vision unseres Stifters ist unser Maßstab.“

Eva Karcher

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