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Die Art Dubai hat eine höchst anregende digitale Sektion entwickelt, an der 17 Galerien teilnehmen.

© Cedric Ribeiro, Getty Images

Kunstmesse im Luxusresort: Art Dubai mit neuer Sektion für digitale Kunst

Mit ihrer 15. Ausgabe entwickelt sich die Art Dubai zur wichtigsten Kunstmesse des globalen Südens.

Bildschirme, bunt blinkende Leuchtdioden, in psychedelischen Farben gebadete, futuristische Pop-Hybriden aus der Welt des Metaverse. In der digitalen Sektion der 15. Ausgabe der Art Dubai verschmelzen die Leuchtbuchstaben von Bybit, der Kryptowährungs-Plattform aus Singapur und einer der Sponsoren, mit jenen des Slogans, den diese Messe als Mantra kommuniziert: „Level up“. Bewegt euch auf die nächste Ebene!

Hier, in der Welt der virtuellen Experimente, der Videokunst und Augmented Reality (AR), der NFTs und Blockchain-Technologie, präsentieren 17 der insgesamt über 100 teilnehmenden Galerien aus 44 Ländern, wie Künstler die analoge und die digitale Gegenwart verbinden und in die Zukunft überführen.

Kreative Computerprotokolle

So zum Beispiel Fingerprints DAO. Das NFT-Kuratoren-Team sammelt Werke von Künstlern, die mit der Blockchain-Technologie als Medium arbeiten. „Wir verbinden Künstler und Programmierer, um Computerprotokolle kreativ zu machen“, erklärt Sam Spike, der künstlerische Direktor. Unser jüngstes Projekt ist „Seed Capital“. Er deutet auf eine Pflanze, die in der Mitte eines skulpturalen Objekts aus Aluminium platziert ist. Die Oberfläche des Tisches ist mit farbig unterlegtem Rasterdesign bedruckt wie auch die der Sitze um sie herum. „

Dypsis lutescens“, die Goldfruchtpalme aus der Region Madagaskar, ist von Sensoren umgeben, die Erdfeuchtigkeit und Temperatur der Pflanze und ihrer Umgebung in Intervallen von 15 Minuten in Daten übersetzen. „Wenn die angezeigten Daten in einem für die Palme positiven Bereich liegen, kann jeder, der sie schützen will, ein ,Certificate of Growth‘-NFT für 0,15 ETH erwerben, das sind rund 386 Dollar.“ Maximal 1600 NFTs stehen zum Kauf.

Zeigen die Daten eine für die Pflanze ungünstige Situation an, reduziert sich die Anzahl der NFTs um Eins. Die Spielregeln, die Sam Spike weiter differenziert, klingen kompliziert, die Idee dahinter ist grandios. „terra0“, so der Name des Prototyps, der unter anderem bereits auf den Biennalen von Venedig und Lyon vorgestellt wurde, will technologisch-avancierte Ökosysteme generieren, die das Kapital von Natur messbar und sie damit zu einer sich selbst versorgenden Produzentin machen. Sam Spike nennt noch ein Beispiel: „Ein NFT, das sich selbst verbrennt, wenn sich die mittlere Erdtemperatur um 2 Grad Celsius über den Durchschnitt erhöht.“

Business wie Sinnesfreuden

Als Think Tank ist die digitale Sektion hoch anregend und auf spielerische Weise unterhaltsam. Die drei anderen Sektionen der Art Dubai mit auf zeitgenössische und moderne Kunst spezialisierten Galerien verteilen sich auf drei weitere Hallen in der Madinat Jumeirah, dem größten und luxuriösesten Resort im Emirat, das mit vier Hotels, Privatstrand, Villen, Sommerhäusern, Boutiquen, Restaurants, Bars und einem Wasserpark lockt. Das Areal mit seiner weitläufigen, den Hallen vorgelagerten Terrasse bietet den Vernissage-Gästen am Previewtag die idealen Bedingungen für Kunstgenuss und Entspannung, Business wie Sinnesfreuden in der Sonne, Konzentration wie Kommunikation.

Vor 15 Jahren als kleine Boutique- Messe unter der Schirmherrschaft von Sheikh Mohammed bin Rashid Al Maktoum gegründet, dem Vizepräsidenten und Premierminister der Vereinigten Arabischen Emirate (UAE), ist die Art Dubai inzwischen zu einem der Fixpunkte im Kalender der globalen Kunstwelt geworden.

Als wichtigste Messe der Region neben der Abu Dhabi Art Fair im November fokussiert sie die Märkte des Globalen Südens, so unter anderem den Mittleren Osten, Iran, Indien, Korea, Indonesien, Pakistan, Westafrika, Lateinamerika und die Karibik. Pablo del Val, der künstlerische Direktor, beschreibt sie als „neues Zentrum jenseits des westlichen Markts. Wir versammeln die künstlerischen Positionen, die in internationalen privaten wie musealen Sammlungen noch unterrepräsentiert sind“.

Drehscheibe des zeitgenössischen Kunsthandels

Tatsächlich stammen etwa ein Drittel der teilnehmenden Galerien aus westlichen Ländern, zwei Drittel aus südlichen, wobei über ein Dutzend der Händler Standorte in beiden Hemisphären haben. Zu ihnen zählt der Pariser Global Player Emmanuel Perrotin, der nach Tokyo, Seoul, Shanghai, Hongkong und New York im Herbst einen weiteren Standort in Dubai eröffnet. „Dubai wird zu einer immer wichtigeren Drehscheibe des zeitgenössischen Kunstmarkts.“

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Auch die aus München, Berlin, Mainz, Düsseldorf, Hamburg und Wien angereisten deutschen und österreichischen Galeristen – Walter Storms und Heldenreizer Contemporary, Kornfeld und Kristin Hjellegjerde, Dorothea van der Koelen, Anna Laudel, Andrée Sfeir-Semler und Ursula Krinzinger – bestätigen diese Einschätzung und berichten von ersten Verkäufen.

Die in Beirut geborene Sfeir-Semler, die seit langem bedeutende Künstler der arabischen Region vertritt wie Walid Raad, Aref El Rayess und Etel Adnan, hat alle Werke der Ende vergangenen Jahres verstorbenen Malerin mit bis zu sechsstelligen Preisen ausverkauft; erhältlich ist noch eine schöne Tapisserie. Sfeir-Semlers Stand ist Teil der Moderne Sektion, die von Sam Bardaouil und Till Fellrath kuratiert wird, den beiden neuen Direktoren des Hamburger Bahnhofs in Berlin.

[Bis 13. März, www.artdubai.ae]

Einer der von ihnen für eine Solo-Präsentation ausgewählten Künstler ist der indische Maler Rabin Mondal, den die in Delhi, Mumbai und New York ansässige Galerie DAG zeigt. Der Zyklus aus acht Gemälden thematisiert das zerstörerische Potential von Machtmissbrauch und seine verheerenden Folgen (3 Mio. Dollar). Ja, auch auf der Art Dubai ist der Krieg in der Ukraine ein Hauptgesprächsthema, denn er bedroht und zerstört nicht zuletzt massiv Künstler, Kunst und Kultur.

Natia Bukia, Mitbegründerin der georgischen Galerie Artbeat aus Tblisi, trug zur VIP-Eröffnung ein Outfit in den Farben der Ukraine und breitete deren Flagge über den Arbeitstisch. „Wir sind hier, um Geschäfte zu machen, aber es ist ganz gewiss nicht business as usual“, fasst sie die Stimmung der Galeristen zusammen. Händler wie Ead Samawi von der Dubaier Ayyam Gallery und zahlreiche andere zeigen Werke von Künstlern als klare politische Statements. Gerade jetzt ist es wichtiger denn je, die humanitären Botschaften der Kunst auf allen nur möglichen Plattformen zu verteidigen.

Eva Karcher

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