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Kunstsammlung: Was beim Fliehen blieb

Bernhard Schulz über neue Sammlungspläne für George Grosz. Seine Nachfahren träumen von einem eigenen Grosz-Museum in Berlin.

Die Rückgabe „NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter“ ist ein Politikum. Meist sind es einzelne Objekte, die von anspruchsberechtigten Erben zurückgefordert werden. Der Fall George Grosz jedoch hat eine ganz andere Dimension.

Es geht um rund 70 Werke, die Grosz abhandenkamen, als er Hals über Kopf nach New York emigrieren musste. Die Nazis hatten ihn als „einen der übelsten Vertreter der entarteten Kunst“ im Visier. Am 31. Januar 1933 brachen siegestrunkene SA-Männer seine Wohnung auf. „Dass ich da lebend davongekommen wäre“, wusste Grosz, „darf ich wohl bezweifeln.“ Sicher waren zunächst die Gemälde, die bei seinem Berliner Galeristen Alfred Flechtheim lagerten. Ihre Spur jedoch verliert sich im Nebel der NS-Besatzung Europas: über Paris nach Amsterdam, von dort zu Schleuderpreisen in alle Welt. Auch nach New York.

Nachlassverwalter Ralph Jentsch, der etliche Ausstellungen zu Grosz zusammengestellt hat und seit Jahren am Oeuvrekatalog arbeitet, versucht einzelne Bilder zurückzuerlangen, im Namen des Grosz-Sohnes Marty und dessen Schwägerin, der Frau des verstorbenen Sohnes Peter. Den Erben schwebt ein eigenes Grosz-Museum vor, wie heute der „Spiegel“ berichtet – in Berlin, der Heimatstadt des 1893 geborenen Künstlers. Das Museum of Modern Art jedoch weist jeden Anspruch zurück. Die Herkunft des „Bildnis Max Hermann-Neiße“ von 1927, eines der herausragenden Porträts der bewunderten Weimar Culture, lässt sich nicht zweifelsfrei aufschlüsseln. Jentsch hat begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Museumserwerbs. Nach den Grundsätzen der Washingtoner Konferenz von 1998 müsste über eine „gerechte und faire Lösung“ verhandelt werden. Der von anderen, ebenfalls betroffenen Museen geäußerte Einwand, nicht Grosz sei der Eigentümer der Bilder gewesen, sondern der – jüdische – Galerist Flechtheim, macht die Sache nicht besser: Gerade dann wäre die Rückgabe der Gemälde eindeutig geboten.

Doch an wen? Die Grosz-Erben müssten nachweisen können, dass die Bilder noch im Eigentum des Malers waren, als sein Galerist sie aus Nazideutschland herausbrachte und etliche davon 1936 nach Amsterdam weitergab, wo sie nach Flechtheims Tod 1937 versteigert wurden. Das ist offenbar nicht möglich – typisch für die Verwicklungen der NS-Zeit. Eben darum wurde in Washington 1998 beschlossen, eine Lösung zu finden, die dem Anspruch „just and fair“ Genüge tut.

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