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Teppich-Portal. Nezaket Ekicis Installation vor dem Landgericht Dresden.

© Nezaket Ekici

Kunstskandal in Dresden: Polizei demontiert Teppich-Installation nach Schmierereien

Vandalismus, Islam-Feindlichkeit: Eigentlich wollte sich Dresden mit Kunst im öffentlichen Raum als weltoffene Stadt präsentieren. Dann wurde Nezaket Ekicis Installation „Post it“ beschmiert. Die Polizei griff ein und demontierte in Teilen das Werk.

Keine Woche hielt sich Nezaket Ekicis Werk, ein aus drei Dutzend Orientteppichen gebildetes Portal, vor dem Eingang des Dresdner Landgerichts. Da waren auch schon die ersten beiden Läufer der Installation entwendet. Einen Tag später hatten Unbekannte auf der Rückseite mit schwarzer Farbe den Schriftzug „Scheiß Islam“ gesprüht. Für die Polizei ein Fall von Beschimpfung einer Religionsgemeinschaft. Sie ließ daraufhin die unteren sechs Teppiche entfernen, auf denen die Parole zu lesen war. Dresden hat seinen Kunstskandal: Vandalismus, Islam-Feindlichkeit – und die Staatsgewalt am Zerstörungswerk auch noch beteiligt.

Eigentlich kann es für ein Ausstellungsprojekt unter freiem Himmel nicht besser laufen, mehr Aufmerksamkeit gibt es kaum. Wenn dabei nur nicht ein Kunstwerk ruiniert und der seit Pegida angekratzte Ruf Dresdens noch mehr ramponiert würde. Das hatte sich die örtliche Kunstkommission, die den Berliner Künstler Thomas Eller als Kurator mit seinem Konzept für „Dresden.? – Arbeiten mit der Stadt“ ausgewählt hatte, wohl anders vorgestellt.

Nezaket Ikicis Beitrag handelt von Dresdens Umgang mit dem „Anderen“, wie es auf der Website heißt. Nun ist er selber zum Demonstrationsobjekt einer intoleranten, im besten Fall hilflosen Auseinandersetzung mit dem Islam, mit öffentlicher Kunst geworden. „Post it“ lautet der Titel der 7 mal 14 Meter großen Installation, wie die gelben Haftzettel, die als Erinnerungsstütze dienen sollen. Erinnern will Ikici tatsächlich: an die ägyptische Pharmazeutin Marwa el Sherbini, die am 1. Juli 2009 im dahinter gelegenen Landgericht durch 18 Messerstiche getötet wurde, nachdem sie sich gegen ausländerfeindliche Pöbeleien juristisch zur Wehr gesetzt hatte.

Orientteppiche stehen für vielerlei. Sie repräsentieren bürgerliche Behaglichkeit in deutschen Haushalten; auf ihnen kann aber auch gebetet, gegessen, zu Gericht gesessen werden wie im Nahen Osten. Sie stellen einen Kulturtransfer erster Güte dar. Den Traum vom fliegenden Teppich träumt ohnehin niemand mehr. Für ein paar Tage träumte Dresden – Pegida zum Trotz – von einer Selbstdarstellung als weltoffene Stadt. Nun soll diskutiert werden, ob die sechs entfernten Teppiche wieder zurückkehren dürfen, die Graffiti durch Folie überdeckt. Dabei gibt es mehr als ein Kunstwerk zu retten.

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