zum Hauptinhalt
"Petra" - das Kunstwerk von Marcel Walldorf

© dapd

Kunststudium: Aufregung um die pinkelnde Petra

Der Dresdener Kunststudent Marcel Walldorf hat gerade einen Nachwuchspreis gewonnen. Doch Staatsvertreter sind entsetzt über seine pinkelnde Polizistin.

Marcel Walldorf lacht. "Vor drei Tagen war noch alles in Ordnung." Walldorf ist 27, Student an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden, und in Sachsen wird gerade viel über ihn gesprochen. Vor wenigen Tagen hat die Hamburger Leinemann-Stiftung seine Skulptur mit einem Nachwuchspreis ausgezeichnet; für "Petra" gab es den mit 1000 Euro dotierten dritten Platz. Doch an "Petra" scheiden sich die Geister.

Den gewöhnlichen Frauennamen trägt eine Polizistin aus Silikon und Stahl, die derzeit in voller Kampfmontur in einem Ausstellungsraum der Hochschule hockt – mit heruntergelassener Hose. So wie Frauen ihre Notdurft eben verrichten müssen, wenn keine Toilette in der Nähe ist. Auf dem Boden ist eine Pfütze aus Gelatine, damit das wertvolle Parkett nicht zu Schaden kommt.

"Die Skulptur ist ein Jahr alt und war schon auf drei Ausstellungen in Dresden und Berlin zu sehen. Bisher hat sich noch keiner aufgeregt", sagt Walldorf. Doch dann sprachen Bild und Berliner Morgenpost von einem "Kunst-Skandal"; Staatsvertreter und Polizei gingen auf die Barrikaden.

Die Gewerkschaft der Polizei in Sachsen sieht die Grenze der Kunstfreiheit überschritten. "Ich finde es beschämend, dass man so etwas als Kunst verkauft. Damit trifft man alle Polizeibeamtinnen, die sich im Dienst irgendwo hinhocken müssen um ihre Notdurft zu verrichten, weil es keine andere Möglichkeit gibt", sagte der Vorsitzende Hagen Husgen.

Und sogar Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) äußerte sich zu dem Werk des Kunststudenten: "Dieses sogenannte Kunstwerk ist eine Beleidigung der Polizistinnen. Ich bin schockiert, dass es Gremien gibt, die solchen sogenannten Künstlern Preise verleihen."

Stifter Ralf Leinemann sagt: "Ich vermute, die ganze Aufregung liegt an der Uniform. Einer Staatsmacht, die auf Autoritätswahrung bedacht ist, muss alles, was eine Uniform persifliert oder vermenschlicht, unangenehm sein."

Walldorf weiß gar nicht so recht, wie ihm gerade geschieht. "Petra ist weder Kritik am Staat, noch an der Gesellschaft, noch soll sie eine bestimmte Berufsgruppe anfeinden. Was mich am meisten getroffen hat, war der Vorwurf, mein Kunstwerk sei frauenfeindlich und diskriminierend. Das war überhaupt nicht meine Intention."

Eine große Idee stecke hinter der Skulptur gar nicht. Er habe nur häufig schon männliche Polizisten in freier Wildbahn pinkeln sehen und sich gefragt, wie Polizistinnen das wohl machen, wenn keine Toilette in der Nähe ist. Und natürlich zeige das Werk auch die Verletzlichkeit neben der Berufsroutine.

Mittlerweile hat der Student schon Drohungen per E-Mail bekommen und beobachtet, wie sich Polizisten in Online-Foren verabredeten, ihn häufiger zu kontrollieren.

Aber letztlich sei die ganze Aufregung ja doch "wunderbar" und mache Spaß. "Wann hat man als Kunststudent schon die Möglichkeit, so gut zu lernen wie der Kunstmarkt funktioniert? Das ist schon eine schöne Chance, das auszutesten."

In der kommenden Woche eröffnet Walldorfs erste Einzelausstellung in Leipzig. Wahrscheinlich kommt die ganze Aufregung um die pinkelnde Polizistin also gerade recht. Und vielleicht gibt es bei Polizeieinsätzen ja bald ein paar mehr Dixi-Klos.

Quelle: Zeit Online

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false