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KURZ  &  KRITISCH: Jens Friebe im Monarch

POPAlles was ich nicht bin: Jens Friebe singt im Monarch Schon vor ein paar Wochen hätte Jens Friebe im Monarch auftreten sollen. Doch dann brach er sich ein Bein; und das Konzert musste verlegt werden.

POP

Alles was ich nicht bin: Jens Friebe singt im Monarch

Schon vor ein paar Wochen hätte Jens Friebe im Monarch auftreten sollen. Doch dann brach er sich ein Bein; und das Konzert musste verlegt werden. Jetzt ist alles wieder gut, nur die Jens-Friebe-Band ist ein wenig geschrumpft. Früher war sie gemeinsam mit dem Sänger ein Trio, jetzt tritt Jens Friebe allein mit seinem Schlagzeuger Chris Imler auf, der im Stehen auf die Felle haut, was dem sonst so typischen elektropoppigen Friebe-Sound einen garagenrockigen Kontrast verleiht.

Es gibt keinen besonderen Anlass für dieses Konzert, zumindest keine neue Platte, die nach den üblichen Marktmechanismen live vorgestellt werden müsste. Friebe will einfach zeigen, dass er noch Musik macht, auch wenn seine letzte Platte schon drei Jahre zurückliegt. Es gibt ihn noch und die Berliner sind ihm so dankbar dafür, dass der Monarch immerhin ausverkauft ist. Friebe spielt alte Hits und Songs vom nächsten Album, dessen Titel noch nicht feststeht, von dem man aber immerhin erfährt, wie es nicht heißen wird. Nicht heißen wird es beispielsweise, so erklärt Friebe in einer seiner für ihn typischen trocken-humorigen Ansagen zwischen den Liedern: „Jens Friebe – Wegbereiter der Moderne“. Wie dieses Album am Ende nun klingen und ob es musikalische Veränderungen geben wird, das lässt sich an diesem Abend nicht einmal erahnen. Jeder Song wird in einer minimalistischen Schlagzeug-Synthie-Gesang-Version vorgetragen, Friebe zeigt, dass er nicht nur Popper, sondern auch Rocker sein kann. Trotzdem ist allen klar, dass Friebes nächste Platte eines auch nicht sein wird: eine Rockplatte. Andreas Hartmann

AUSSTELLUNG

Globale Kontakte: Der Maler Oubey im Direktorenhaus

Dunkle Untiefen, bodenlose Schwärze, durchzogen von ätherischen Schlieren, erhellt von unzähligen Tupfern: So muss das Universum aussehen, die Ewigkeit, das Bodenlose. „Einsteins Tränen“ rührt auf merkwürdige Weise, wie die anderen Werke des deutschen Künstlers Oubey (1958–2004). Er suchte in seinen Bildern die Antwort auf urmenschliche Fragen. Jetzt will das Projekt „Mindkiss“ von Dagmar Woyde-Koehler seine Bilder posthum würdigen. Im Rahmen der „Global Encounters Tour“ werden Oubeys Bilder in Kombination mit Filmsequenzen gezeigt, in denen vom Wissenschaftler bis zum Musiker Menschen mit einem Bild konfrontiert werden (Direktorenhaus, noch einmal am 23.3., 11.30–20.30 Uhr, Treptow, Am Krögel 2). Wissenschaft und Kunst müssen sich nicht ausschließen. In pulsierenden Erdtönen fängt er sieben Millionen Jahre Evolutionsgeschichte ein. Wie prähistorische Höhlengemälde ziehen sich archaische Striche über die Farboberfläche. Bei näherem Hinsehen entpuppen sie sich als Schriftzug. Oubey offenbart einen Einblick in die Seele eines Grenzgängers. Die Begegnungen zeigen, dass der Betrachter kein Kunstexperte sein muss, um von Oubeys Bildern erfasst zu werden. Etwas Uraltes scheint in ihnen zu stecken, das jeden berührt. Annika Brockschmidt

MUSICAL

Sensible Spiele: „Stimmen im Kopf“ in der Neuköllner Oper

Wer nur von außen zuguckt, verspürt einen Kitzel, einen Grusel, einen wohligen Schauer beim Gedanken an die Psychiatrie. Oder einfach nur Horror. Als Metapher einer Gesellschaft taugt sie den Künsten seit jeher, das Kino („Amadeus“, „Einer flog über das Kuckucksnest“) liebt sie, die Sozialwissenschaften auch (Foucault!). Doch wie selten einmal kommen die Betroffenen selbst zu Wort, prägen sie mit mit ihrer Sichtweise den Diskurs; zumal im Gute-Laune-Genre Musical.

Das unternimmt jetzt die Neuköllner Oper mit der Produktion „Stimmen im Kopf“ (wieder 23. und 24., 28., 31.3. und im April), der Abschlussarbeit des Studiengangs Musical/Show von UdK-Professor Peter Lund, der auch Regie führt. Die Studierenden haben psychisch Erkrankte im St.-Hedwig-Krankenhaus interviewt, auf Basis dieser Gespräche entwickeln die Darsteller eigene Charaktere und Geschichten. Die Bühne ist eine naturalistisch nachgebaute Psychiatrie-Station. Ein ungutes Gefühl bringt der Eingangssong „Willkommen im Club der Bekloppten“. Das Publikum johlt und lacht. Werden hier die Kranken doch wieder nur zu Witzfiguren gemacht?

Aber es kommt anders. Die Story um die neu eingewiesene Nadine (Ira Theofanidis) beweist Einfühlungsvermögen. Nadines „Stimme im Kopf“ ist Daniel (Dennis Dobrowolski), ein punkiger Clown, den nur sie sehen und hören kann. Wolfgang Böhmer hat dazu rockige, schlagwerk- und klavierbasierte Musik geschrieben (Leitung: Hans-Peter Kirchberg) und für die Protagonisten eindringliche Lieder komponiert, etwa im Terzett „Komm, wir gehen fliegen“ oder „Wenn du nicht schlafen kannst, kommt die Angst“. Am anrührendsten, trotz seines allzu laut sprechenden Namens: Patrik Cieslik als Philipp, der zappelt und seine Hände nicht unter Kontrolle bekommt und dabei doch zeigt, welch lebendiger Geist hinter dieser Fassade steckt. Udo Badelt

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