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Die Musikerin Yasmine Dubois alias Lafawndah.

© Beats International

Lafawndah live in Berlin: Lava schießt durchs Weltall

Die Londoner Musikerin Lafawndah präsentierte ihr Debütalbum "Ancestor Boy" im Roten Salon der Volksbühne mit einem beeindruckenden Konzert.

Sie inszeniert sich genauso, wie sie klingt. Sogar das Mikrofon gehört zu ihrem Outfit dazu. Die rostroten Tülltücher, die an ihrem Mikroständer befestigt sind, fließen an ihrem dunklen Batik- Shirt entlang, das wiederum über eine schwarze Radlerhose fällt. Darüber trägt sie ein knallrotes Lederkorsett mit goldenem Metallschmuck. Ihr Haar fällt lockig bis zur Hüfte, dazu Samthandschuh und Sonnenbrille.

Lafawndah wirkt wie ein futuristisches und zugleich archaisches Kunstwerk. Das rote Bühnenlicht umgibt sie wie Lava. Die Musik der in Teheran geborenen Produzentin Yasmine Dubois brodelt wie ein göttlicher Vulkan. Mit ihrer Drummerin Zahra Hasi Fath Ali Tehrani präsentiert sie ihr Debütalbum „Ancestor Boy“ im Roten Salon. „Schön, euch endlich kennenzulernen“, haucht sie.

Sie singt mal sanft, mal scharf und kraftvoll

Tehrani spielt zurückhaltend die folkloristischen Percussion-Rhythmen von „Parallel“ an. Mit kraftvoller Stimme singt Lafawndah die erste Strophe darüber. Das Lied handelt von dem Moment, in dem man von dem Tod eines geliebten Menschen erfährt. Die Musikerin verarbeitete damit den Verlust ihrer Großmutter. „If I hang up, roof will fall/ Now she vanished and my joints might pop/ Ought to reach the motherland/ Where she lays“. Ihre Stimme klingt klagend, der atmosphärische Sound bedrohlich. Beim nächsten Song, der R-n’-B-Ballade „Daddy“, dagegen singt Lafawndah weich, bei „Ancestor Boy“ scharf und kraftvoll. Die Musikerin setzt ihre vielseitigen Stimmfarben gezielt ein und lässt sie mitunter zu einem hellen Schrei ausschlagen. In ihren Texten geht es um gesellschaftliche Machtstrukturen und koloniale Geschichtsschreibung, was sie mit persönlichen Erfahrungen verbindet.

Clubbige Sounds treffen auf poppige Melodien

Lafawndah hat sich offen über ihre Einflüsse geäußert. Für die clubbigen Stücke auf ihrem Album wurde sie von Akteuren der Ballroom-Szene wie DJ Total Freedom und DJ Rashad inspiriert. Deren multikultureller und collagenartiger Stil prägt auch ihre Musik. Jede Norm wird herausgefordert, musikalische Grenzen gibt es keine. Die iranische-ägyptischen Klänge ihrer Kindheit verbindet sie mit poppigen Melodien. Die in London lebende Künstlerin wuchs in Paris auf, eine Weile lebte sie in Mexiko City, Los Angeles und New York. Nichts an ihr lässt sich klar verorten. Ihr Sound ist exzentrisch, emanzipatorisch und sinnlich zugleich. Mal erinnert er an M.I.A., mal an Björk, mal an Sade. Jedes Lied wird auf neue Weise von einem stolperndem Drum-Pattern strukturiert.

Der Absatz ihrer schwindelerregenden Stiefeletten ist mit goldenen Glöckchen verziert. Die klirren bei jedem Schritt. Andere Percussioninstrumente rascheln und klacken dazu. Es fühlt sich für sie so an, als würde sie ihre Musik ins Weltall schießen. „Wie schön, dass es da draußen Ohren gibt, in denen sie landet“, sagt sie. Das letztes Lied will die Musikerin im Dunkeln spielen, weil sie sich dann der Menge besonders nah fühlt. Wie eine Schlange windet sich ihre Stimme durch den Raum. Lafawndah singt sich an diesem Abend nicht nur in die Ohren ihres Publikums, ihre Klänge gehen durch Mark und Bein.

Alexandra Ketterer

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