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Kultur: "Lammbock": Würzburg kann sehr schön sein

Das Erwachsenwerden in der Provinz ist lustiger als das in der Großstadt. Jedenfalls dann, wenn man nicht nur Mahlow oder Holzminden zur Provinz zählt, sondern auch Freiburg oder Bonn.

Das Erwachsenwerden in der Provinz ist lustiger als das in der Großstadt. Jedenfalls dann, wenn man nicht nur Mahlow oder Holzminden zur Provinz zählt, sondern auch Freiburg oder Bonn. Die Szene an diesen Orten ist so klein und übersichtlich, dass man sich selbst darin gut behaupten und sogar als einigermaßen bedeutend wahrnehmen kann. Die kulturellen Konsummöglichkeiten sind begrenzt, das fördert Herumhängen und Eigenaktivität. Und an Drogen kommt man auch unkompliziert heran.

Stefan (Lucas Gregorowicz) und Kai (Moritz Bleibtreu) sind in Würzburg echt coole Typen. Beim Stoff sitzen sie an der Quelle. Die beiden Jungs pflegen im Wald eine kleine Marihuana-Plantage, von der sie auch gerne selbst mal kosten. In dem von ihnen betriebenen Pizzadienst "Lammbock" lässt sich als "Pizza Gourmet" eine Delikatesse ordern, die unter der Salami-Garnierung ein Stück stanniolverpacktes Dope verbirgt. Richtersohn Stefan träumt zwar vom Abhauen in die Südsee, versucht aber auch brav, sein Jurastudium zu vollenden. Kai dagegen hängt ganz entspannt im Hier und Jetzt. Also reden die beiden nicht nur über Mehmet Scholl, Erika Eleniaks Busen und guten Stoff, sondern auch darüber, wie so ein echt cooles Leben aussehen sollte. Doch dann kriegen die Pflänzchen Läuse. Und als Ungeziefer-Berater schleicht sich ein Drogenfahnder ein.

Was als Alltagskomödie beginnt, wird alsbald ein klamaukiger Kiffer-Actionkrimi mit einem bewusstlosen Förster im Wald und dem Polizisten im Kofferraum von Papas Limousine. Und auch die Mädchen der beiden Kumpels verschwinden nach stattgehabten Liebesdiensten aus der Story. Der 1973 in Würzburg geborene Drehbuchautor Christian Zübert hat mit "Lammbock" seine erste Filmregie gemacht (produziert haben neben Sönke Wortmanns junger Little Shark Entertainment die Senator-Film, der WDR und Arte). Züberts Buch, wohl eine erinnerungsträchtige Provinzjugendhumoreske, fiel Wortmann auf; der beschloss, den Stoff zu produzieren und den in dieser Hinsicht unbeleckten Autor als Regisseur einzusetzen. So weit, so gut. Doch vermutlich geriet das Projekt dann unter die Skriptdoktoren, die das Buch solange auf Format feilten, bis es endlich so ähnlich aussah wie andere deutsche Filmkomödien auch: schön gefällig und glatt. Die amerikanischen Independent-Vorbilder - Zübert erwähnt ausdrücklich Kevin Smith - findet man im Endprodukt nur noch in Spurenelementen. Statt des beiläufigen Alltags-Slapsticks der Anti-Helden von "Clerks" etwa grassiert eine ausgestellte Witzchenmacherei, deren Elemente reichlich abgeschmackt daherkommen: angegammelte Hippies mit Peace-Gruß, ein Staubsauger-Masturbateur, der sich von einer Überraschungsparty überraschen lässt oder das gewaltsame Einflößen einer Überdosis Jägermeister. Auch die Dialoge der Jungs bewegen sich gerne in Allgemeinplätzen. So bleiben die beiden Typen, obwohl sie fast permanent im Bild sind, als Charaktere merkwürdig blass und abstrakt.

Tja. Einerseits möchte man die beiden ja gerne mögen, schon deshalb, weil Bleibtreu so schön böse gucken kann. Aber wie ist das möglich bei Kerlen, die Frauen in Unrasierte und "Gourmetfrauen" unterscheiden? Wohlverstanden, solche für Feinschmecker, nicht etwa als solche. Der Feinschmeckerin im Publikum ist solche Hausmannskost doch etwas zu deftig. Haben wir jetzt wieder einen deutschen Film schlecht gemacht? Nun: Anja Zielcke und Elmar Wepper spielen auch mit. Und die Kamera-Bilder von Sonja Rom sind richtig lecker.

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