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Kultur: Langsamer werden

Im Kino: „Die Reise des Personalmanagers“ von Eran Riklis.

Horst Schlämmer, stellvertretender Chefredakteur des „Grevenbroicher Tagblatts“, hat’s am Rücken und außerdem Dornkaat-Fahne. Auch in Spielfilmen kommen Journalisten selten so gut weg wie in Alan Pakulas unsterblichen „Unbestechlichen“. Jüngster Fall des Presseschmähs: ein Mann mit dem Spitznamen Wiesel. Der sensationsgeile Investigativschnüffler ist in Eran Riklis’ „Die Reise des Personalmanagers“ auf der Spur einer Jerusalemer Großbäckerei. Der Betriebsleitung wirft er unmenschlichen Umgang mit dem Personal vor – sie soll das Fehlen einer bei einem Selbstmordattentat ums Leben gekommenen Angestellten tagelang nicht bemerkt haben.

Ein nicht wirklich sanktionswürdiges Vergehen, doch die tote Yulia erweist sich als alleinstehene Migrantin, und dem industriekritischen Wiesel (Guri Alfi) ist jeder Anlass recht, dem verhassten Unternehmen eins auszuwischen. Noch bevor der Boulevard öffentlich Reue einzufordern droht, wittert die Chefin der Backfabrik (Gila Almagor) die Chance zu einer großangelegten PR-Aktion und schickt ihren Personalchef zur Beerdigung in die osteuropäische Heimat der Frau. Dabei müsste der in Scheidung stehende Fünftagebartträger (Mark Ivanir), statt einen Leichnam zu begleiten, dringend ein paar eigene familiäre Angelegenheiten klären.

Der Manager ist es gewohnt, Pflichten zügig zu erledigen, doch in Rumänien – das Land wird nie explizit genannt, lässt sich jedoch unschwer anhand von Straßenmobiliar identifizieren – gerät ihm der Auftrag zur ausgedehnten Überlandreise. Infolge bürokratischer Hürden und komödienüblicher Retardierungstechnik führt der ursprüngliche Kurztrip vom Empfang durch die israelische Konsulin am Provinzflughafen quer durchs Land und immer tiefer in die Biografie der verstorbenen Arbeiterin. Dabei geht es vorbei an verrosteten Kraftwerken, ärmlichen Dörfern und einem Militärbunker, wo man vom klapprigen Kleinbus in einen Panzer umsteigt.

Auch der alerte Wiesel hat sich klammheimlich in die Reisegruppe geschlichen. Außerdem gibt es einen versoffenen Fahrer, den ebenfalls trinkfreudigen Exgatten der Verstorbenen und ihren Sohn, der sich flink vom verstockten Straßenkind zum verständigen Kumpel wandelt. Und Yulias Mutter, eine vom Leben ausgezehrte Dörflerin, die den Leichnam eigentlich zur Bestattung freigeben soll. Wo aber ist Heimat? Ganz richtig: Dort, wo es es die Seele hinzieht.

Der israelische Erfolgsregisseur Eran Riklis („Die syrische Braut“, „Lemon Tree“) hat für diese Verfilmung eines Romans von Abraham B. Jehoshua den Publikumspreis in Locarno und den israelischen Filmpreis gewonnen. Schade nur, dass er die pittoreske Osteuropa-Kulisse und auch die Geschichte um die Tote selbst letztlich nur nutzt, um von der Midlife-Krise seines beruflich und familiär gebeutelten Helden zu erzählen.

Cinemaxx, Eiszeit (auch OmU), Kulturbrauerei, Kurbel

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