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Die nächste Generation. Layla Fourie (Rayna Campbell) möchte eine Zukunft für ihren Sohn (Rapule Hendricks).

© Berlinale

„Layla Fourie“: Land der Lügen

Furcht und Misstrauen in Südafrika: In „Layla Fourie“ beweist Regisseurin Pia Marais einen wachsamen Blick für das feine Gift des Misstrauens.

Schön, wie Festivalfilme mitunter sublime Verbindungen eingehen, als hätten sie sich auf ein Sujet oder ihre Helden verständigt. Oder programmiert die Berlinale mit Bedacht so, dass im Wettbewerb gleich zwei Filme hintereinander über einen Unfall mit Todesfolge laufen, „Child’s Pose“ aus Rumänien (S. 19) und die deutsche Produktion „Layla Fourie“? Beide Male steht eine Mutter im Zentrum, die verzweifelt für den Sohn kämpft, trickst, das Recht beugt – und vom Sohn nicht unbedingt Liebe dafür erntet.

Südafrika, 20 Jahre nach dem Ende der Apartheid. Die Nächte sind hier besonders finster. Kaum dass die Autoscheinwerfer auf holpriger Strecke die Dunkelheit erhellen: Ein Wagen nähert sich von hinten, da vorne bewegt sich was, vielleicht ist es eine Falle. An jeder Ecke lauert Gefahr, manch einer wird auf offener Straße erschossen. Aber da steht nur ein Mann auf der Straße, und zum Bremsen ist es zu spät. Verfolgungswahn, Misstrauen, Furcht, es ist das Grundgefühl in diesem Film, das Grundgefühl in Südafrika heute. Nach wie vor ist das Land in ein Gewirr von Lügen, Verdrängung und Schweigen verstrickt. In „Layla Fourie“ kann man es sehen, in der Schwärze der Nacht, den Blicken, den Heimlichkeiten, den Alarmanlagen, dem gewitterschweren Himmel, den Gittern und Gattern rund um die Gehöfte auf dem Land: wie es ist, mit der Hypothek der Angst voreinander zu leben.

Vielleicht stellt Regisseurin Pia Marais ihr Thema etwas zu deutlich aus, wenn sie Layla (Rayna Campbell, mit stiller Intensität) beim Bewerbungsgespräch am Institut für polygrafische Tests gleich zu Beginn selber einem Lügentest unterzieht. Aber es ist ein starker Einstieg, unwillkürlich fragt man sich selber, wie ehrlich man wohl antworten würde. Ihrem kleinen Sohn zuliebe wird die junge Mutter als Polygrafin arbeiten, endlich keine Nachtschicht als Kellnerin mehr, endlich ein fester Job. Ihr erster Auftrag: Einstellungstests in einem Casino-Resort. Es ist üblich in Südafrika, dass Personalabteilungen Lügendetektoren einsetzen. Nun stellt Layla, die junge Schwarze, die Fragen, auch dem einzigen weißen Bewerber, Eugene (August Diehl als attraktiver Unsympath): nach Alkohol- und Drogenkonsum, Unterschriftenfälschung, krimineller Vergangenheit. Layla ist nervös. Auf dem Weg zum Casino hatte es diesen nächtlichen Vorfall gegeben, bei dem es zum Bremsen zu spät war. Nicht auszudenken, was aus ihrem Sohn würde, wenn sie ins Gefängnis ginge. Noch weiß Layla nicht, dass es sich bei dem Unfallopfer um Eugenes Vater handelt.

Pia Marais, die in ihrem Debüt „Die Unerzogenen“ (2007) die vertauschten Rollen von Hippie-Eltern und NeospießerKids aufs Korn nahm, hat einen wachsamen Blick für das feine Gift des Misstrauens, das jedes Gespräch, jede menschliche Nähe schier unmöglich macht, das Bündnis zwischen Mutter und Sohn genauso wie die Liebe, die zwischen Layla und Eugene aufzukeimen beginnt. Nichts gegen die Konzentration auf ein vielfach variiertes Motiv: Aber man hätte sich diese Geschichte, die weniger von Schuld und Sühne handelt als von Täteropfern und den Mühen der Koexistenz nach dem Ende der Nacht, weniger plakativ gewünscht. Für einen Bären-Kandidaten bleibt Marais’ gemeinsam mit Horst Markgraf verfasstes Drehbuch zu eindimensional.

12.2., 15 Uhr (Berlinale-Palast), 20.30 (HdBF), 15.2., 21.30 Uhr (Neues Off)

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