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Kultur: Leerstunde

Wo wird gespart? Was wird gespart?

Wo wird gespart? Was wird gespart? In diesen Tagen will sich der Berliner Senat darüber einig werden, hinter geschlossenen Türen. Eine Klausur findet statt. Und gestern wurde gemeldet, dass in Berlin 140 000 Wohnungen leer stehen. Nicht zu reden von all den neuen, leeren Büros. Den Wohnungsbau kann die Stadt sich zur Zeit sparen, aber das allein wird voraussichtlich nicht reichen. Was haben die leeren Wohnungen mit der Kultur zu tun?

In Berlin steht bereits das Metropol-Theater leer. Für das leere Schiller-Theater hat man bis heute keine wirklich befriedigende Lösung gefunden, hin und wieder gibt es dort Gastspiele. Vor den Berliner Kammerspielen, einer kleinen Off-Bühne, hängt schon seit ein paar Jahren das Plakat der letzten Aufführung, auch dort ist nach der Schließung nichts passiert. Demnächst werden sehr wahrscheinlich das Schlosspark-Theater leerstehen, das Hansa-Theater und womöglich das prächtige Theater des Westens. Für dieses Haus läuft gerade eine Ausschreibung, es melden sich die üblichen Verdächtigen, aber man darf skeptisch sein. Denn eines steht fest: mit Musicals läßt sich zur Zeit nur schwer ein Geschäft machen, auch dieser Boom ist vorbei.

Die Häuser werden dicht gemacht, ohne dass es eine Idee dafür gäbe, was aus ihnen werden soll. Berlin spart, weil es sich über seine Lage allzu lange selber belogen hat, nicht planvoll oder intelligent, sondern in Panik. Berlin wird eine seltsame Stadt sein, mit all den leeren Theatern, die weiter Kosten verursachen und trotzdem allmählich vergammeln. Und mit 140 000 leeren Wohnungen, fast ausschließlich in den Randbezirken oder den weniger attraktiven Gegenden. Wer es sich leisten kann, haut dort ab. In Mitte dagegen steigen die Mieten, und dort leuchten ja auch die Theater.

Am Horizont erscheint das Bild einer neuen Stadt, Berlin, wie es in sechs oder zehn Jahren aussehen könnte. Eine prächtige Stadt in ihrem Zentrum, schöner denn je, mit wundervollen Parties, wo reiche und schöne Menschen sich treffen, nach dem Theater oder der Vernissage. Und mit Randbezirken, aus denen nicht nur die Kultur sich zurückgezogen hat, wo Häuser halb leer stehen, wo es keine Schwimmbäder mehr gibt, die eine Arbeiterfamilie sich leisten könnte, keine Galerien, keine billige Kinderbetreuung. Privater Reichtum, öffentliche Armut: wie solche Städte sind, weiß man ziemlich genau. So haben die englischen Städte am Ende der Ära Thatcher ausgesehen.

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