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Kultur: Leiche Muse

Ulrich Amling sieht Berlin als Verlierer im Musical-Poker Wenn man dem Ausspruch „Konkurrenz belebt das Geschäft“ auch in Zeiten stagnierender Konjunktur noch Glauben schenkt, dann wird der Musical-Markt in Deutschland gerade zu Grabe getragen. Nach dem Insolvenzantrag der Stella hat der einstige Gegenspieler Stage Holding jetzt für vier Theater des Unternehmens in Hamburg, Stuttgart und Berlin ein Kaufangebot abgegeben.

Ulrich Amling sieht Berlin

als Verlierer im Musical-Poker

Wenn man dem Ausspruch „Konkurrenz belebt das Geschäft“ auch in Zeiten stagnierender Konjunktur noch Glauben schenkt, dann wird der Musical-Markt in Deutschland gerade zu Grabe getragen. Nach dem Insolvenzantrag der Stella hat der einstige Gegenspieler Stage Holding jetzt für vier Theater des Unternehmens in Hamburg, Stuttgart und Berlin ein Kaufangebot abgegeben. Dass die Gläubigerversammlung zustimmen wird, gilt als sicher. So bleiben wenigstens ein paar mit Blattgold bedampfte Scherben vom deutschen Entertainment-Traum zum Verteilen übrig.

Der große Verlierer dieser Marktbereinigung im Reich der leichten Muse heißt Berlin. Hier setzte der Senat darauf, dass sich Stella und Stage Holding einen aufwendigen Kampf ums Hauptstadtpublikum liefern – und den Regierenden ihre leergesparten Theater mit Kusshand abnehmen. Doch die Hoffnung, Metropol-Theater, Schiller-Theater und Theater des Westens könnten durch private Betreiber dauerhaft als populäre Musiktheater weiterbestehen, ist jetzt endgültig erloschen. Zwar hat die Stage Holding im März 2001 das Metropol-Theater zum symbolischen Kaufpreis von einem Euro erworben. Nachdem das Unternehmen nun aber von der Stella das Musical-Theater am Potsdamer Platz übernimmt, stehen die Chancen für eine kostspielige Renovierung des Traditionshauses an der Friedrichstraße schlecht. Es steht zu erwarten, dass die Stage-Holding von ihrem Rückgaberecht Gebrauch machen wird. Es erlaubt das Retournieren der maroden Immobilie, wenn der Investitionsaufwand die Schmerzgrenze des Unternehmens übersteigt. Und die dürfte auf dem leergefegten Markt deutlich gesunken sein.

Auch für das Theater des Westens, das künftig ohne Subventionen bespielt werden soll, kommt das Einschrumpfen der Musicalbranche zum denkbar ungünstigsten Moment. Wenn nicht echte Global Player wie die amerikanische Clear Channel Entertainment oder Andrew Lloyd Webbers Really Useful Group Berlin als Musical-Standort entdecken, bleibt der Senat auf seinen erloschenen Theatern wohl noch lange Zeit sitzen. Ergebnis einer Kulturpolitik, die am liebsten zaudert und zögert.

Doch der ganz große Katzenjammer steht erst noch bevor: Die Stage Holding hat zum Einstand für das Musical-Theater am Potsdamer Platz eine Produktion des angegrauten Schmachtfetzens „Cats“ angekündigt. Auf die in besseren Zeiten versprochenen Uraufführungen für Berlin wird man weiter warten müssen. Der Monopolist räumt seine Lager, die Stadt verramscht ihre Theater.

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