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Kultur: Leihmama mia

Roadmovie mit Charme: Holly Hunter ist „Jackie“.

In Jane Campions „Piano“ spielte sie die stumme Ada, eine zarte Klavierspielerin, die es aus dem viktorianischen England an die wilde Küste Neuseelands (und in die Arme Harvey Keitels) verschlägt: Holly Hunter bekam einen Oscar dafür. Auch in „Jackie – Wer braucht schon eine Mutter“ geizt sie mit Worten – aber wie! Köstlich zu sehen, wie der 55-jährige Hollywoodstar als raubeiniger, grantiger Althippie im Holzfällerhemd agiert, das Haar hängt ihr im Gesicht, und das Werkzeug, mit dem sie am besten zu hantieren weiß, ist kein Musikinstrument, sondern die Shotgun. Jackie kann Autos reparieren, Schlangen erlegen und Schlangengerichte zubereiten – eine nomadisierende Einsiedlerin, die es im rumpeligen Wohnmobil in die wilde Wüste von New Mexico (und in die Arme ihrer Töchter) verschlägt.

Die nach einem Beinbruch samt Trommelfellverletzung lahmgelegte Jackie ist nicht freiwillig mit ihren aus Holland angereisten Zwillingstöchtern Sophie und Daan (Clarice und Jelka van Houten) unterwegs. Bisher kannte man sich nicht einmal: Jackie fungierte als US-Leihmutter für das niederländische schwule Väterpaar der Zwillinge, ihre Eizellenspenderin interessierte den Nachwuchs nicht. Bis zu dem Anruf aus Amerika: Mom braucht Hilfe bei der Überführung vom Hospital in die weit entfernte Reha-Klinik.

Drei Frauen auf dem Weg durch die Wüste – das Lowbudget-Roadmovie von Antoinette Beumer, die in Holland supererfolgreiche Komödien dreht, spielt mit den Motiven des Genres, einschließlich eines coolen rockig-bluesigen Soundtracks. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich, spätestens wenn es gilt, den Widrigkeiten der Wildnis und der Machowelt der amerikanischen Provinz zu trotzen. „Thelma & Louise“ lassen grüßen, zumal die Schwestern als toughe Single-Karrieristin und panikattackengeplagtes Ehefrauchen denkbar verschieden sind. Jackie befreit sie aus den festgezurrten Identitäten, und die Ruppigkeit weicht dem Mutterinstinkt.

Das Roadmovie als Selbstbefreiungstherapie, man kennt das. Aber trotz der sich im Episodischen vertrudelnden Story hat „Jackie“ großen Charme, auch dank des beherzten Spiels der Van-Houten-Schwestern. Und die verblüffende Schlussvolte entschädigt dafür, dass dieser Amerikatrip doch recht lange über ausgetrampelte Pfade führt. Christiane Peitz

Blauer Stern Pankow, Cinemaxx Potsdamer Platz, Filmkunst 66, Filmtheater am Friedrichshain, Passage

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