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Kunst erleben mit taktilem Bodenleitsystem und Audio-App. Ein Besucher der Berlinischen Galerie vor dem Werk „Enthüllung des Richard-Wagner-Denkmals im Tiergarten“ von Anton von Werner, 1908.

© Harry Schnitger / Berlinische Galerie

Leitsystem für Blinde in der Berlinischen Galerie: Ohne Barriere

Tastbilder, Apps, Audioguides: Ein neues Leitsystem für Blinde in der Berlinischen Galerie soll das Museum barrierefreier machen.

„Die Tänzerin im schwarzen Kleid fühlt sich so toll an, dass ich gern ihre Handynummer hätte!“, scherzt Reiner Delgado, Projektleiter des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbands, über das Tastbild zu Eugen Spiros Gemälde „Tänzerin Baladine Klossowski“ von 1901. Seit Oktober ist es eins von sieben Tastbildern zu Gemälden der Sammlung der Berlinischen Galerie. Bei einer Tagung erörterten die Kuratoren und Vertreter des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) ihre Erfahrungen mit dem Projekt und diskutierten die Übertragbarkeit auf andere Ausstellungen.

Was empfindet ein Sehender, der ein Kunstwerk betrachtet? Und wie kann man diese Empfindung für blinde und sehbehinderte Menschen in Tastmedien übersetzen? Bereits seit 2013 konzipiert die Berlinische Galerie Sonderausstellungen für Menschen mit Behinderungen. Über zwei Jahre lang arbeitete das Museum mit dem DBSV daran, repräsentative Werke der Dauerausstellung für Blinde und Sehbehinderte erlebbar zu machen. Dabei war es wichtig, Stücke auszuwählen, die nicht nur exemplarisch für die Ausstellung stehen, sondern sich auch auf interessante Weise taktil umsetzen lassen.

Kunst mit zwei Sinnen erleben

Tastbilder sollen einen möglichst originalgetreuen Eindruck des Kunstwerks vermitteln, dürfen jedoch nicht zu viele Details enthalten, um noch gut erkennbar zu sein. Auch Materialvielfalt hilft beim Ertasten der Bilder. Iwan Punis Gemälde „Der synthetische Musiker“ zeigt einen Mann, dessen Körper aus Fragmenten von Musikinstrumenten besteht. Das Tastbild zum Gemälde ist ein reliefartiges Modell, auf dem sich Stücke aus Kunststoff, Holz, Filz und Metall überlagern. Alle Tastbilder befinden sich in unmittelbarer Nähe der Originale, damit Blinden und Sehbehinderten und ihren Begleitern der Austausch erleichtert wird. Auch für Menschen ohne Sehbehinderung stellen die neuen Tastbilder eine Bereicherung dar, laden sie doch dazu ein, Kunst mit zwei Sinnen zu erleben.

Tastmedien bilden nur einen Teil des Programms für blinde und sehbehinderte Menschen. Über eine App und Audioguides können Bildbeschreibungen und Infos zu 17 Werken abgerufen werden, die in Kombination mit dem Tastbild das Erschließen des Kunstwerks ermöglichen. Taktile Leitstreifen auf dem Boden der gesamten Galerie bieten Blinden und Sehbehinderten in Verbindung mit der automatisch gesteuerten App eine Orientierung ohne fremde Hilfe.

Stefanie Borowsky

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