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Kultur: Letzte Runde

SOTTO VOCE Jörg Königsdorf hört den Berliner Symphonikern zu Das Kämpfen sind die Berliner Symphoniker gewohnt: Schon zwei Mal, 1993 und 1998, stand das kleinste Sinfonieorchester der Stadt auf der Planke, in beiden Fällen hatten die Musiker mit ihren Protestaktionen doch noch in allerletzter Minute Erfolg. Diesmal sieht es allerdings noch ernster aus, weil die Kulturpolitik in der Zwischenzeit dazugelernt hat.

SOTTO VOCE

Jörg Königsdorf hört den Berliner Symphonikern zu

Das Kämpfen sind die Berliner Symphoniker gewohnt: Schon zwei Mal, 1993 und 1998, stand das kleinste Sinfonieorchester der Stadt auf der Planke, in beiden Fällen hatten die Musiker mit ihren Protestaktionen doch noch in allerletzter Minute Erfolg. Diesmal sieht es allerdings noch ernster aus, weil die Kulturpolitik in der Zwischenzeit dazugelernt hat. Die geplante Abschaffung der Symphoniker hatte in der Vergangenheit vor allem deshalb soviel Aufsehen erregt, weil sie innerhalb regulärer Haushaltsplanungen als Symbol für den Kulturabbau galt. Vergleichbare Reaktionen blieben diesmal bislang aus, weil die Nichtverlängerung der SymphonikerSubventionen im Schatten der glanzvollen Rettung der drei Berliner Opern als eine Art Bauernopfer durchlief und von den Medien eher am Rande vermerkt wurde. Bislang zumindest, denn das Orchester und sein Chefdirigent Lior Shambadal sind natürlich nicht so ohne weiteres bereit, von der Bildfläche zu verschwinden und haben jetzt auch – endlich – Unterstützung von ihren Berliner Musikerkollegen bekommen: In einem Offenen Brief an die Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses protestieren die Vorstände aller Orchester gegen den Arbeitsplatzabbau.

Dieses bloße Lippenbekenntnis allein wird natürlich nicht viel nutzen und die in diesen Dingen ja hinlänglich abgehärtete Kulturbehörde wohl kaum beeindrucken. Ob die Kollegen es mit ihrer Solidarität ernst meinen, muss sich erst noch zeigen. Denn nicht zuletzt die verstärkten Bemühungen um Kinder und Jugendliche, die die anderen Berliner Orchester in den letzten Jahren starteten, haben den Symphonikern letztlich das Wasser abgegraben. Da sie rein musikalisch nun einmal nicht mit der viel besser bezahlten Konkurrenz konkurrieren konnten (und für begabte junge Musiker lediglich ein Karrieresprungbrett waren), haben die Symphoniker seit jeher stark auf ihre soziale Kompetenz, ihre Arbeit mit den Berliner Chören, aber vor allem auf die beeindruckende Zahl ihrer Schuleinsätze gepocht. Und gerade da haben die Philharmoniker mit Simon Rattle und das Deutsche Symphonie-Orchester mit Kent Nagano im letzten Jahr viel spektakulärere Projekte vorgelegt, und auch die Deutsche Oper hat mit ihrem umfangreichen „Classic is cool“-Programm eine Menge für ihre künftigen Abonnenten getan. Gegen so trendige (und teure) Maßnahmen wie die Philharmoniker-Kinderchoreografien zu Strawinskys „Sacre“ oder die Komponiersessions mit abgedrehten Computerinstrumenten, wie sie das DSO veranstaltet hat, sehen die Symphoniker mit ihren konventionellen Schulbesuchen und Kinderkonzerten unter dem Motto „Das klingende Klassenzimmer“natürlich reichlich alt aus – mediale Aufmerksamkeit wenigstens lässt sich mit solcher Basisarbeit nur schwer gewinnen.

Für ihr Schulkonzert heute Mittag in der Turnhalle der Neuköllner Elbestraße hat das Orchester immerhin mit Michael Schanze einen prominenten Moderator gewinnen können. Und dass der Chef Lior Shambadal selbst am Pult steht, zeigt, wie wichtig den Musikern diese Aufgabe ist. Und auf dem Programm steht Prokofjews unverwüstlicher Grundkurs in Instrumentenkunde „Peter und der Wolf“.

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