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Kultur: Liebe auf der Gitarre

ROCK

Craig Nicholls ist ein Rockstar-Sorgenkind. Es gibt unzählige Geschichten über ihn, in denen es um kaputte Hotelzimmer, verwüstete TV-Studios, zerschmetterte Instrumente, Nervenzusammenbrüche und geplatzte Interviews geht. Auch eine abgebrochene Tournee steht schon in der Skandalchronik seiner Band The Vines . Auf der Bühne des Berliner SO 36 wirkt der 28-jährige Sänger, Songschreiber und Gitarrist jedoch relativ aufgeräumt. Er begrüßt das junge Publikum mit einem charmanten „We love you, we love you“, was umgehend bewiesen wird: Mit viel Druck und großer Präzision rockt das Quartett aus Sydney durch die ersten Nummern. Sie klingt um eine Klasse besser als auf ihren zwei Platten, mit denen sie zu Protagonisten des aktuellen Retrorock-Revivals geworden sind. So wird aus dem eher müden „She’s Got Somthing To Say“ vom gerade erschienenen zweiten Album „Winning Days“ plötzlich ein explosives Gemisch – als würden Nirvana die Beatles covern. Immer wieder nehmen die Vines geschickt das Tempo zurück, wobei Gitarrist Ryan Griffiths mit der Akustikgitarre die Akzente setzt. Sehr positiv fällt auch Bassist Patrick Matthews auf, der erstaunlich viel singt. Der Ex-Medizinstudent ist die Säule, die Craig Nicholls zu halten scheint. Häufig schaut er herüber zu seinem Kumpel, mit dem er die Band vor 13 Jahren gründete. Er kann zufrieden sein: Nicholls hält sich glänzend. Einmal küsst er sogar seine Gitarre. Und wenn seine Stimme zu Beginn der langsamen Stücke frei steht, hört man, welch großes Potenzial dieser kleine Kerl mit den verwuschelten Haaren hat.

Bei den Zugaben dreht Nicholls dann doch noch ein bisschen ab: rollt mit den Augen, schreit wie Kurt Cobain, wirft die Gitarre weg und schmeißt das halbe Drumset um. Es wirkt, als gehöre das für ihn einfach zu einer guten Show. Nötig wäre es nicht gewesen, The Vines haben schon mit ihrer Musik überzeugt.

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