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Kultur: Lieben und singen

CHANSON

„Es geht um meine ureigenste Unsterblichkeit“, verrät Christiane Weber, überlässt sich ihrem unbändigen Temperament und stürzt sich in das Showprogramm „Kurz vor unendlich“, das ihr Partner Timm Beckmann mit federnder Fingerfertigkeit am Klavier begleitet. Wer dem Auftritt des Duos Weber & Beckmann im Grünen Salon der Volksbühne beiwohnte (wieder am 29. November), den umschmeichelte das Gefühl, den Aufstieg der kommenden deutschen Chanson-Stars zu erleben. Das liegt vor allem an Christiane Webers eigener, sehr hormoneller Interpretation der Divenrolle, die sie weit vom Erwartungshorizont kühl distanzierter Chansonetten ansiedelt. Lieber nutzt sie ihre Auftritte als Aderlass eines überschäumenden Gefühlslebens: „Ich hab meine Emotionen nicht so richtig im Griff“, bekennt sie, erzählt freimütig von ihrem verkorksten Liebesleben, bricht lachend zusammen oder breitet ihre Arme weit aus, um zu den großen Sentiments anzusetzen. Ganz nah tasten sich Weber & Beckmann an das Ideal wahrer Liebe heran, um es im allerletzten Moment zu brechen und den Nichtigkeiten des Alltags auszuliefern. Das zuweilen versteinerte Pathos des Genres untergraben sie in ihren fast durchgängig eigenen Kompositionen durch variantenreiche Arrangements. Und die Inbrunst seiner Partnerin kontert Beckmann mit trockenem Charme. Nein, sie denke nicht unstrukturiert, wehrt sich diese. Sie denke überhaupt nicht. Man möchte sie darum beneiden.

Thomas Thiel

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