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Kultur: Liebste Feindin

Giftig: der Spionagethriller „Die Möbius-Affäre“.

Der Chor der Roten Armee hebt gebieterisch die Stimmen, während die Kamera über Klippen klettert. Dann weitet sich zum Panorama ein Symbol für Gier und Glamour: die Betonburg Monaco auf ihrem Fels des Steuerglücks. Hier siedelt die „Möbius-Affäre“, eingefädelt von Regisseur Eric Rochant. Ein romantischer Thriller, heißt es – immerhin mit attraktiven Hauptdarstellern: Jean „The Artist“ Dujardin und Cécile de France („Der Junge mit dem Fahrrad“).

Um Spionage also geht es und um Leidenschaft, um Gehorsam auch und was ihn letztlich bricht. Und das Ganze, in demonstrativ zeitgenössischem Setting, betont old-fashioned – und im eher unscharfen Stil einer Cognacreklame. Investmentbankerin Alice trägt – mit gewagten Put-Optionen auf Spaniens Ruin – Mitschuld am Lehman-Brothers-Debakel und musste folglich ins europäische Finanzexil. In Monaco arbeitet sie in der Bank eines russischen Oligarchen (irrlichternd: Tim Roth), für den sich die CIA genauso interessiert wie der KGB-Nachfolger FSB. Und schon rutscht sie in die Rolle einer Doppelmitarbeiterin für die Dossiersammler hüben wie drüben.

Dann, nach vielen tiefen Cognac-Kennerblicken im trostlosen Herrenklub „Destiny“, nimmt sie Grégory mit aufs Hotelzimmer. An sich kein Verbrechen, doch die Oligarchen und Geheimdienste dieser Welt sehen das anders und drehen heftig durch. Grégory wiederum, russischer Top-Spion mit knallharter Lagervergangenheit, schaut dabei so versteinert und müde drein, als hätte er etwas Unverdauliches gegessen. Plötzlich bekennt er: „Ich glaube, ich bin im Begriff, ernsthaft zu versagen.“ Was sich allerdings nicht aufs Bett beziehen kann – schließlich lächelt Alice einen traumschönen Orgasmus nach dem anderen auf die Leinwand. Hilft nichts; das Gift des Oligarchen wird ihr Gehirn völlig zerstören.

Als Thriller taugt „Die Möbius-Affäre“ wenig, weil er sich für einen durchaus spannungsreichen europäischen Blick auf die Verquickung von Finanzwelt und Politik schlicht nicht interessiert. Zum Ärgernis aber wird der Film durch die hirnlose Inszenierung des weiblichen Begehrens. Quel malheur! Ulrich Amling

Cinemaxx, Filmkunst 66, Kulturbrauerei; OmU: Hackesche Höfe, Rollberg

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