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Orchidee - Konfuzius berichtete über ihren Duft und verwendete sie als Schriftzeichen "lán", was so viel wie Anmut, Liebe, Reinheit, Eleganz und Schönheit bedeutet.

© AFP

Literatur: Loch in der Seele

Kim Thúys Roman "Der Geschmack der Sehnsucht"

Ihr Name bedeutet, "dass nichts mehr zu wünschen übrig bleibt". Er zwingt "Mãn", die junge Vietnamesin, von der Kim Thúys zweiter Roman "Der Geschmack der Sehnsucht" erzählt, zur Zufriedenheit. Dabei ist das, was von ihr Besitz ergriffen hat, vor allem Gleichmut, Ihr früheres Leben in Saigon, der Vater, den sie nie kannte, die Ziehmutter, die sich ihrer angenommen hat, die arrangierte Verheiratung ins französischsprachige Montréal - nichts führt zu merklichen emotionalen Ausschlägen. Und so wird es hier auch zusammengetragen: in kurzen, bis zum Fragment verknappten Kapiteln. Folgenlose Erinnerungsmomente. Seit ihrer Kindheit hat Mãn gelernt, sich anzupassen: "Mama hat mich sehr früh gelehrt, Konflikten auszuweichen, zu atmen, ohne zu existieren, und mit der Umgebung zu verschmelzen." Auch in Kanada verfolgt sie kein Ziel. Ihr Herz bleibt taub - ein "Loch". Kim Thúy, 1968 in Saigon geboren, floh als Zehnjährige vor den Kommunisten zusammen mit ihrer Familie in den Westen und lebt heute mit ihrem Mann und zwei Kindern in Montréal. Sie arbeitete als Übersetzerin, Restaurantkritikerin und Rechtsanwältin. Als Autorin wurde sie 2010 mit ihrem Debütroman "Der Klang der Fremde" bekannt, der in ähnlich kurzen und präzisen Prosastücken eine Familiengeschichte aufblättert. Mãns einzige Leidenschaft ist das Kochen. Sie hilft aus in der Suppenküche ihres Mannes und fängt an, entwurzelten Vietnamesen den "Geschmack der Sehnsucht" nahezubringen - Spezialitäten aus der Heimat. Das tut sie so erfolgreich, dass ihr Julie, hingerissen von ihren Fähigkeiten ein Kochatelier einrichtet, sie mitnimmt zu einer Rezeptentdeckungstour nach New York.Schließlich begegnet sie Luc, einem französischen Koch. Erst durch die Begegnung mit ihm beginnt etwas aufzubrechen. Mãn lernt die Sehnsucht kennen. In seinen Armen ist sie erstmals glücklich. "Was würdest du tun, wenn ich morgen vor deiner Tür stünde?", fragt er sie. Mãn versteht nicht und scherzt: "Katastrophe". Falsche Antwort. Auf das erste Glück folgt für sie der Schmerz. Für den Leser allerdings ist dieses bittersüße kleine Buch eine reine Freude. So assoziativ und schwerelos können nur wenige von Migrationserfahrungen erzählen.

Kim Thúy: Der Geschmack der Sehnsucht. Roman. Aus dem Französischen von Andrea Alvermann und Brigitte Große. 143 Seiten, 16,95€.

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