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Literatur: Platt för Kinner

Die plattdeutsche Buchmesse präsentiert in diesem Jahr 150 Neuerscheinungen. Ihre erste Sonderausstellung widmet sie der Kinder- und Jugendliteratur.

Hamburg - Plattdeutsch für Kinder ist im Kommen. Seit Jahren sind nicht mehr so viele Kinder- und Jugendbücher in den Dialekten des norddeutschen Sprachraums erschienen wie derzeit. Sie bestimmen die Verlagsprogramme wesentlich mit. Das "Plattdeutsche Buch des Jahres" 2006 ist ein Kinderbuch.

Und nicht von ungefähr widmet die am Freitag in Hamburg beginnende neunte Plattdeutsche Buchmesse ihre erste Sonderausstellung der Kinder- und Jugendliteratur. Als Chef des Instituts für niederdeutsche Sprache in Bremen konstatiert Reinhard Goltz den Trend mit Genugtuung. Wenn die Jüngsten verstärkt an das Platt herangeführt werden, trägt dies auch zur Sicherung des "Sprachnachwuchses" bei.

"Es ist erfreulich, dass besonders Kinder- und Jugendbücher in größerer Zahl und sehr ansehnlicher Aufmachung zu den neuen Produktionen auf der Buchmesse gehören", sagt Goltz. Die sei ein "sehr positiver Trend", weil das Angebot in der Vergangenheit meist "sehr verschnarcht" und damit für die junge Leserschaft wenig begeisternd gewesen sei.

Plattdeutsch spielerisch vermitteln

Bei plattdeutschen Büchern für Kinder und Jugendliche komme es darauf an, Sprache und Inhalte behutsam und spielerisch zu vermitteln. Zwar seien Platt sprechende Heranwachsende noch eher die Ausnahme, meist jedoch kämen sie über Eltern, Großeltern und Bekannte mit den Dialekten in Berührung. "Aber gerade weil das Plattdeutsche 'anders' ist als das vertraute, alltägliche Hochdeutsch, kann es bei Kindern und Jugendlichen Neugier und Interesse wecken", ist Goltz überzeugt.

Doch nicht nur bei Lesestoff für die Jüngsten sieht Goltz Fortschritte. Die plattdeutsche Sprachszene gewinne insgesamt an Kontur. Auch ein Verdienst der seit neun Jahren am zweiten Novemberwochenende von der Hamburger Carl-Toepfer-Stiftung ausgerichtete Buchmesse. "In den 90er Jahren hatte man den Eindruck, dass die Szene zerfließt, heute hat das Plattdeutsche wieder einen festen Platz", sagt Goltz.

Hör- und Lernbücher

Mittlerweile nehmen sich auch große Verlage wie Hoffmann und Campe mit Textbänden des Plattdeutschen an, etwa in der mit dem NDR herausgegebenen Bibliothek des Nordens "Dat Land so free un wiet" (Das Land so frei und weit). Neu auf der Messe sind neben Kinder- und Jugendbüchern in diesem Jahr mehrere Ausgaben von Hör- und Lernbüchern. Erfreulich sei zudem der Umstand, dass auch Ausstattung und Gestaltung spürbar "gediegener" geworden seien. "Wir kehren dorthin zurück, wo wir schon vor zwanzig Jahren einmal gewesen sind", so der Institutschef.

Bedauerlich sei nur, dass die Messe auch 2006 keinen neuen Lyrikband präsentieren könne. Einzig Klassiker seien zu finden. Statt dessen gebe es nach langer Zeit endlich wieder neue plattdeutsche Romane, konstatiert Goltz und verweist auf Heinrich Ohms "De Mohls". In der Tradition von Thomas Manns "Die Buddenbrooks" erzählt er auf fast 400 Seiten ein Familienschicksal aus Schleswig-Holstein. Gemäß dem Buchtitel ganz gezielt "Unner de Buukreem" (Unter die Gürtellinie) gehen dagegen die plattdeutschen erotischen Geschichten von 36 ostfriesischen Autoren.

Große Textprojekte wie diese sind allerdings nicht unumstritten. Plattdeutsch-Experte Gerd Spiekermann weiß aus Erfahrungen: "Solche Projekte sind zwar sehr lobenswert, aber schwer absetzbar. Die Verlage bleiben häufig darauf sitzen." (Von Michael Best, ddp)

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