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Auszeichnung: Russland ehrt Literaturnobelpreisträger Solschenizyn

Der Bürgerrechtler und Schriftsteller Alexander Solschenizyn wurde von Russlands Präsident Putin für sein gesellschaftliches Engagement mit dem Staatspreis geehrt. Der Autor kritisierte vielfach die Missstände unter Boris Jelzin.

Moskau - Russland hat den Literaturnobelpreisträger und Bürgerrechtler Alexander Solschenizyn (88) mit dem Staatspreis für seine humanitären Verdienste geehrt. Präsident Wladimir Putin verlieh die höchste Auszeichnung per Dekret. Das sei eine Anerkennung für das gesamte Lebenswerk ihres Mannes, sagte die Ehefrau des Autors, Natalja Solschenizyn. "Die Auszeichnung gibt Hoffnung, dass unser Land die Lehren aus seiner Selbstzerstörung im 20. Jahrhundert gezogen hat und diese Geschichte sich nicht wiederholt", sagte die Frau des früheren Regimekritikers nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau. In Russland gab es wiederholt Berichte über eine Krankheit Solschenizyns, der sich seit Monaten nicht mehr in der Öffentlichkeit gezeigt hat.

Solschenizyn prangerte vor allem in der Sowjetunion und unter dem ersten russischen Präsidenten Boris Jelzin Missstände in seinem Land an. Zur Politik von Präsident Putin hatte sich der orthodoxe Christ in den vergangenen Jahren wohlwollend geäußert. Wiederholt forderte Solschenizyn, Russland dürfe die westliche Demokratie "nicht ohne Verstand nachäffen", sondern müsse sich mehr um das "moralische Wohlergehen" des eigenen Volkes kümmern.

"Großer Historiker und Philologe"

Im Westen ist vor allem das Monumentalwerk "Der Archipel Gulag" bekannt, eine Abrechnung mit den sowjetischen Straflagern. Solschenizyn selbst war wegen Kritik an dem Sowjetführer Josef Stalin zu Lagerhaft verurteilt worden. Das Buch war 1974 Anlass für die Ausbürgerung des Schriftstellers nach Deutschland, wo ihn sein Kollege Heinrich Böll zunächst aufnahm. Nach Jahren im Exil kehrte der Schriftsteller 1994 nach Russland zurück. In seiner Heimat entsteht im Moskauer Verlag "Wremja" bis 2010 die erste Gesamtausgabe seiner Werke in 30 Bänden.

Der Präsident der Akademie der Wissenschaften Russlands, Juri Ossipow, würdigte Solschenizyn als einen der "größen Historiker und Philologen" des 20. Jahrhunderts. Besonders verdienstvoll sei Solschenizyns Bibliothek über die Exil-Russen. Die Stiftung "Russisches Ausland" in Moskau beherbergt in ihrem Gebäude mehr als 50.000 Bände über die Emigration von Russen seit 1917. Solschenizyn bekam den Nobelpreis für Literatur 1970 verliehen, nahm ihn aber erst 1974 im Exil in Empfang. Der erst zum zweiten Mal in der Kategorie "humanitäre Verdienste" vergebene Staatspreis soll am 12. Juni im Kreml-Palast überreicht werden. Die Tradition der Staatspreise reicht bis weit in die Sowjetzeiten zurück. (mit dpa)

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