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Belletristik: Liebe kommt, Liebe geht

Marion Pfaus’ „Memoiren einer Verblühenden“. Eine Mittdreißigerin erzählt von ihrem Alltag in Berlin zwischen Saufgelagen, Mutterschaft und Arbeitsamt.

Der Titel ist natürlich schalkhaft zu verstehen. Die Mittdreißigerin, die hier von ihrem Friedrichshainer Alltag zwischen Saufgelagen, Mutterschaft und Arbeitsamt erzählt, verblüht ganz und gar nicht. Ihr Sexleben ist überaus intakt und ihr Ausdruck jung geblieben: „Ich bin schon immer ein schlechter Einfluss gewesen. Ich trinke gerne Bier und benutze fürs Ficken so schlimme Ausdrücke wie Ficken.“ Sie hat allerdings einen Hang zu beiläufiger Hysterie, in der sie kurz vor dem Klageton noch immer die Kurve zum Kalauer kriegt. Thema Haarausfall: „Hunderte, Tausende von meinen Haaren liegen auf dem Fußboden, auf Kissen, unter der Decke, unter der Vorhaut, unter der Erde, auf der Erde, zu Pferde, zu Wasser und in der Luft.“

So vorgeführt und ironisch gebrochen lesen sich die Sorgen einer sexbesessenen Alleinerziehenden, die zwischen betrunkenen oder verblutenden Nachbarn und zerstörungswütigen Haustieren dann doch recht gefasst bleibt, sehr erfrischend. Auf die Spitze getrieben wird die Distanzierung durch ein System wissenschaftlich anmutender Fußnoten. Die lakonische Alltagsbeschreibung ersetzt die innere Entwicklung der Heldin. Selten kommt sie über ihren Balkon hinaus, Zukunft entwirft sie nur in Tagträumen, die von Actionfilmen und Klatschpresse inspiriert sind. Ihre Konstanten sind „das Kind“, manchmal auch verbindlicher „mein Kind“ genannt, und der Liebhaber, der einfach zu gut kocht und fingert, als dass sie ihn wieder loswerden wollte.

Der Berliner Autorin und Performerin Marion Pfaus (alias Rigoletti M) ist ein kurzweiliges Buch gelungen, mit einer einfachen, uneitlen Sprache. Ihr Verlag legt wie gewohnt eine CD mit von der Autorin gelesenen Stücken und zwei Kurzfilmen (mit leider trauriger Klangqualität) bei. Lieber nochmal lesen, wie Pfaus Erich Fried aufpeppt: „Was ist Liebe? Liebe ist. Liebe kommt und Liebe geht. Meine Damen und Herren.“

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