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Der "Fall Esra": Gespalten

Die Angelegenheit bleibt für Nicht-Juristen kompliziert, und eine endlose Geschichte ist der seit 2003 dauernde Rechtsstreit um Maxim Billers Roman "Esra" sowieso. Nun hat der Bundesgerichtshof eine neue Klage gegen "Esra“ abgelehnt.

Nachdem das Buch vom Bundesverfassungsgericht 2007 verboten worden war, gestand im Februar 2008 das Landgericht München der im Roman verunglimpften Ex-Freundin von Biller 50 000 Euro Schmerzensgeld zu.

Nun hat es eine weitere Verhandlung gegeben. Der Bundesgerichtshof sollte über Verbotsansprüche der Mutter von Billers Ex-Freundin entscheiden. Denn das Bundesverfassungsgericht hatte nur der Klage ihrer Tochter stattgegeben, sah aber keine Verbotsansprüche der Mutter und verwies diese zurück an den Bundesgerichtshof. Dieser hat jetzt die Klage der Mutter abgelehnt: die Figur der Lale, also der Mutter, sei viel stärker verfremdet als die der Esra, deshalb sei die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Mutter weniger schwerwiegend, so der Bundesgerichtshof. Auf das Verbot von Billers Buch hat dieses Urteil zwar keine Auswirkungen, wohl aber auf die ebenfalls beim Landesgericht München noch anhängigen Schmerzensgeldansprüche der Mutter: Sie sind nun nahezu gegenstandslos geworden. Was auch bedeutet: Ein Ende der „Esra“–Prozesse scheint in Sicht. Ausstehend ist noch die Revision, die Billers Verlag Kiepenheuer &Witsch am Oberlandesgericht München anstrebt wegen der 50 000 Euro Schmerzensgeld an die Ex-Freundin des Autors.

KiWi-Verlagsleiter Helge Malchow sieht sich nach diesem Urteil bestätigt in seiner Ansicht darüber, wie gespalten auch das Bundesverfassungsgerichtsurteil ist: „Bei der Mutter ist die Kunstfreiheit das Maß aller Dinge, bei der Tochter stehen Persönlichkeitsrechte vor Kunstfreiheit.“ Trotzdem freut er sich. Einen Teil der Gerichtskosten müssen nun auch die Klägerinnen tragen. Gerrit Bartels

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