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Deutschland und Iran: Schon der Kaiser war Muslim

Matthias Küntzel über Deutschlands verhängnisvolle Beziehung zum Iran.

Deutschland, schreibt der Hamburger Politikwissenschaftler Matthias Küntzel, pflege seit jeher eine „verhängnisvolle Traditionsfreundschaft“ mit dem Iran. Es sei auch angesichts der Tatsache, dass Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad den Holocaust leugnet und Teheran Israel auslöschen will, Zeit, diese Freundschaft aufzukündigen und „den moralischen Kompass, der Berlin abhandengekommen ist, wieder an seinen Platz zu stellen“.

Küntzel, der durch sein Werk „Jihad und Judenhass“ bekannt geworden ist, nimmt in seinem Buch die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Iran unter die Lupe, er zeigt Licht und Schatten in der gemeinsamen Geschichte auf. Küntzel führt den Leser in Zeiten zurück, in denen Kaiser Wilhelm Dschihadrevolten im Rücken seiner Feinde anzettelte. Die Iraner erzählten sich damals Geschichten von „Hajj Wilhelm Muhammad“, der zum Islam konvertiert sei.

Darauf bauten die Nazis auf. Laut Küntzel setzten sie nicht nur auf das gemeinsame „Ariertum“, sondern stellten Adolf Hitler zugleich als den im Koran angezeigten Messias vor. Das half am Ende wenig, doch geblieben sind fragwürdige Achsen im Spiel der Nationen – und eine Beziehung, in der antidemokratische Trends zum Vorschein kommen und virulenter Judenhass. Erst der Schah und dann die Islamische Revolution: Hier Unternehmer, die nach der Islamischen Revolution 1979 Mullahs auf den Pfauenthron halfen; dort Ayatollahs, die politische Gegner gar in Europa und Deutschland verfolgen und ermorden ließen. Die lange Hatz auf Salman Rushdie und die Toten im Berliner Mykonos-Restaurant belegen das. (Laut Küntzel hätten Politiker in Bonn versagt. Hier ist das Buch zu westdeutsch. Ostdeutsche waren im Kalten Krieg auch aktiv: Schah Reza Pahlavi wollte Erich Honecker besuchen, die Laudatio lag in der Humboldt-Universität vor, Stasi-Chef Mielke sperrte – Aktion „Koexistenz“ – die Stadt ab, Spitzel beschatteten Kritiker.)

Küntzel sieht in der besonderen Abhängigkeit Irans von der Technologie aus Deutschland aber auch eine Chance. „Die Verhärtung des internationalen Atomkonflikts ging mit der statuspolitischen Aufwertung der Bundesrepublik einher.“ Deutschland verfüge daher über einen Hebel, schreibt er, das Regime in Teheran zum Einlenken zu bewegen. Er macht aber auch deutlich, warum die Führer des iranischen Regimes durchaus schwierige Verhandlungspartner sind: Todessüchtige Märtyrer lassen sich nicht abschrecken. Und damit schließt er historisch einen Kreis: Kann und will Berlin seine Rolle erfüllen, um den zweiten Holocaust und das nukleare Wettrüsten in Mittelost zu verhindern?

„Berlin“, schreibt Küntzel, „steht auch beim Atomstreit in der vordersten Reihe – aber nicht bei jenen, die das Unheil abzuwenden suchen, sondern bei jenen, die ihm den Weg bereiten.“

– Matthias Küntzel: Die Deutschen und der Iran. Geschichte und Gegenwart einer verhängnisvollen Freundschaft. Verlag wjs, Berlin 2009. 320 Seiten, 22 Euro.

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