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Enzyklopädie: Brockhaus zieht ins Internet

Es war nur eine Frage der Zeit - Brockhaus stellt sich dem Wettstreit der virtuellen Wissenswelt und geht ebenfalls online. Gegen niedrige Verkaufszahlen und kostenlose Konkurrenz aus dem Netz ist die Edel-Enzyklopädie nicht mehr angekommen.

Des einen Freud, des anderen Leid - wenn Klassiker neumodischen Trends zum Opfer fallen, ist das zwar tragisch, bietet aber auch Vorteile. Aktuell betrifft es den wohl intelligentesten Genossen deutscher Bücherregale - den Brockhaus. Die 30 edlen Bände der Enzyklopädie symbolisieren seit 1812 über Generationen hinweg das Bildungsbürgertum. Jetzt zieht der Brockhaus um, vom Bücherregal ins Internet und ist dort kostenlos. Das spart zum einen Platz und zum anderen Zeit. Mit wenigen Klicks kann sich der Nutzer gesuchte Begriffe anzeigen lassen.

Der "Paradigmenwechsel" hat sich langsam vollzogen, erklärt der Sprecher des Verlags, Klaus Holoch. Bereits in den vergangenen sieben Jahren hat der Lexikon-Markt angefangen zu bröckeln. Es folgte ein aussichtloser Kampf gegen das Internet, der jetzt verloren ist. "Das tut natürlich auch ein bisschen weh, wir lieben ja alle Bücher. Aber unsere Königssubstanz bringen wir künftig ins Internet, weil die Zukunft online ist", sagt Holoch. Rund 60 Mitarbeiter in der Leipziger Online Redaktion arbeiten auf Hochtouren an dem Brockhaus des 21. Jahrhunderts.

Verkaufszahlen nicht erreicht

21 Auflagen hat der Brockhaus überlebt. Aber auch die letzte, herausgegeben im Jahr 2005, erregte nur noch geringes Interesse. Das Minimalziel von 20.000 Exemplaren wurde nicht erreicht. Zu wenige Leute stellen sich heutzutage noch eine Enzyklopädie ins Regal, begründet Holoch die niedrigen Zahlen. Daran konnte auch die Sonderedition von Armin Müller-Stahl nichts ändern. "Wir haben die Herzen der Menschen und der Medien erreicht, aber nicht die Käufer." Der Duden, Schulbücher und Kalender verkaufen sich zwar gut, dennoch verzeichnet der Verlag für das vergangene Jahr mehrere Millionen Euro Verlust.

Konkurrenzkampf im Internet

Zudem wimmelt es im Internet von Konkurrenz.  Mit Wikipedia ist diese schon weit bekannt und hat die Computer hierzulande besetzt.  "Wir werden uns klar von Anbietern wie Wikipedia unterscheiden. Wir setzen auf Relevanz, Richtigkeit und Sicherheit - wir werden nicht manipulierbar sein", sagt Holoch.

Kritik, die Wikipedia zurückweist. "Es kann keine hundertprozentig Garantie für hundertprozentige Richtigkeit geben", rechtfertigt sich Arne Klempert von Wikipedia. "Die entscheidende Frage ist, wie schnell Fehler erkannt und beseitigt werden", erklärt er weiter. Und da sorge die große Autorenschar bei Wikipedia für einen "Selbstreinigungseffekt". Eine Einschätzung, die von Experten nach Tests mit Wikipedia bestätigt wurde: Bei mehreren Vergleichen mit der Encyclopedia Britannica und auch dem Brockhaus zeigte sich die kostenlose Volksenzyklopädie als ebenbürtig - und manchmal sogar als überlegen.

Bei Wikipedia geht man jedenfalls nicht davon aus, dass der Onlinestart des Brockhaus große Auswirkungen haben wird. (tbe/dpa)

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