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Literaturszene: Sängerkrieg der Lesebühnen

Steffen Richter schaut auch mal Richtung Wartburg - auch dort wurde gedichtet und gelesen.

Vor 800 Jahren sollen sich die Stars der Literaturszene auf der thüringischen Wartburg zu einem Wettstreit getroffen haben. In der Kategorie „Fürstenlob“ sollte der kunstsinnige Landgraf von Thüringen gepriesen werden. Der Newcomer Heinrich von Ofterdingen allerdings rühmte den Falschen. Ein Lied ergab das andere, und man kam überein, dass der Verlierer des Sängerkriegs seine poetischen Unzulänglichkeiten mit dem Leben bezahlen sollte.

Wir lernen, erstens: Das Sportive der Literatur existierte bereits vor Klagenfurt und dem Berliner Open Mike. Zweitens: Es gibt ihn doch, den Fortschritt. In heutigen Wettbewerben muss niemand mehr um seinen Kopf fürchten – wenngleich eine gewisse psychische Stabilität bei Verrissen vor laufenden Kameras hilft. Drittens: Literatur hatte lange etwas mit Mündlichkeit zu tun. Und die ist ein wichtiger Trend der Gegenwart. Zum Beispiel der Boom des Hörbuchs. Es gibt Hörbuchpreise, die monatliche HR-2-Hörbuch- Bestenliste – und natürlich Events wie das Hörspielkino unterm Sternenhimmel, jeden August-Samstag im Garten von Schloss Charlottenburg. Am 11. (22 Uhr) sind Kurt Tucholskys Klassiker „Schloss Gripsholm“ und „Rheinsberg“ dran.

Die stille Lektüre wurde übrigens im Jahrhundert der Aufklärung zur Regel. Schon damals aber wurde gewarnt, dass einsames Bücherlesen zu Verwirrung, Wahn und sozialer Isolierung führen kann – siehe „Werther“ oder „Don Quixote“. Vor dieser Vereinzelung schützen die Berliner Lesebühnen, auch im Sommerloch. Heute (21 Uhr 30) gibt es L. S. D. – Liebe statt Drogen im Bassy Cowboy Club (Keller des Pfefferbergs, Schönhauser Allee 176 a), morgen (21 Uhr) die Surfpoeten im Mudd Club (Große Hamburger Str. 17, Mitte). Am Donnerstag (21 Uhr) folgen die Chaussee der Enthusiasten (RAW-Tempel, Revaler Str. 99, Friedrichshain) und die Brauseboys (21 Uhr, Laine-Art, Liebenwalder Str. 39, Wedding). Am Sonntag (12.8., 20 Uhr) trifft sich die legendäre Reformbühne Heim & Welt im Kaffee Burger (Torstr. 60), und bereits am Samstag (11.8., 20 Uhr) kommt es zum Gipfeltreffen der Berliner Lesebühnen (Alte Kantine in der Kulturbrauerei, Knaackstr. 97).

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