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Literatur: Parallelwelt

Buchpreis, Pamuk, E-Book: Die Frankfurter Buchmesse

Offiziell geht die Frankfurter Buchmesse ja erst am morgigen Dienstag los, bei der Eröffnungsfeier um 17 Uhr im Kongresszentrum der Messehallen. Wenn also Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth die Welt und die Buchwelt im allgemeinen und die Türkei im speziellen als Gastland sicher herzlich begrüßt; wenn Orhan Pamuk seine sicher wohl ausgewogene Rede über die Türkei und Europa und die türkische Literatur hält; und wenn schließlich, das ist Ritual, Börsenvereinsvorsteher Gottfried Honnefelder mit einem sicher kräftigen Gongschlag diese 60. Frankfurter Buchmesse endgültig und offiziell eröffnet.

Doch die meisten Verlagsmenschen gerade aus dem angelsächsischen Raum sind vorher schon da, bevölkern den Frankfurter und den Hessischen Hof und sondieren das Terrain. Denn für sie wie auch alle anderen gilt: Buchmesse ist sowieso das ganze Jahr, Geschäfte lassen sich das ganze Jahr über machen, die besseren zumal. Kommt doch in Frankfurt immer eine beträchtliche Hysteriegebühr mit auf die Abschlüsse, weil eben alle da sind und alle mitreden und alle mitbieten, so sie können. Auch die deutschen Verleger und Verlegerinnen haben also das meiste vorher erledigt und waren in den USA und sonstwo in der Welt, um Bücher zu entdecken, Lizenzen zu kaufen und zu verkaufen.

Seit vier Jahren allerdings sind auch sie immer einen Tag vor der offiziellen Eröffnung schon da. Seit 2005 wird am (inoffziellen) Buchmessenmontag der Deutsche Buchpreis vergeben, und da will aus dem deutschsprachigen Literaturbetrieb keiner fehlen – um zu meckern, um Spaß zu haben, um die eigenen, auf der Shortlist stehenden Schützlinge zu betreuen. Besonders spannend ist das Rennen in diesem Jahr nicht, es kann nur einer gewinnen: Uwe Tellkamp. Gewinnt er nicht, sind zumindest Diskussionen garantiert. Vielleicht heißt es dann sogar: „Skandal“. Und die Büchermutter der Nation, Elke Heidenreich, kann sich bestätigt fühlen in ihrer letzten Woche geäußerten Überzeugung, dass der Buchpreis „völliger Schwachsinn“ und „Literatur kein Wettrennen“ sei. Letzteres ist sie nicht, fürwahr. Im engeren Sinn ist sie aber genauso wenig ein Buchmessenthema. Um ihre Schönheit, ihre Ästhetik, ihre Wahrheit dürfte es auch auf dieser Messe einmal mehr nicht gehen, höchstens am Rande, zu vorgerückter Stunde.

Vielmehr wird das E-Book für Wirbel, zumindest für Gesprächsstoff sorgen, möglicherweise die Türkei mit ihrem „Mega-Programm“ (dpa), vielleicht auch der Aufbau Verlag, von dem es heißt, er präsentiere auf der Messe einen Investor. Vielleicht kommt auch die Finanzkrise mal vor und was sie für Auswirkungen auf den Buchhandel und das Verlagswesen haben könnte, vielleicht wird das Paralleluniversum, das die Buchmesse eine Woche für seine Besucher darstellt, mal so richtig kräftig von der aktuell tristen Frankfurter Bankenrealität aufgemischt. Sicher aber ist, wenn am Sonntag Anselm Kiefer zum Abschluss der Messe den Friedenspreis erhält, dass alle Beteiligten sagen werden: Es war doch wieder sehr schön gewesen. gbar

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