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Literatur: Rastplatz für die Toten

Gedichte des katalanischen Lyrikers Joan Margarit

Am Ufer des Flusses ruhen nicht nur die Boote – von hier brechen auch die Verstorbenen auf, um dereinst ins Totenreich zu gelangen. So sind die Verse des katalanischen Lyrikers Joan Margarit vielleicht kleine Hoffnungsschimmer für die Toten, Rastplätze gleichsam für eine Weile, für einen kurzen letzten Aufenthalt unter den Lebenden. „Im Sand / bilden sich Pfützen, welche die Leuchtschrift / des Krankenhauses widerspiegeln. / Hin und wieder öffnen sich die vom Flur / beleuchteten automatischen Glastüren, / um einer dunklen, vertrauten Gestalt / Durchgang zu gewähren.“

Mit einer Sammlung von Totengebeten für seine verstorbene Tochter beginnt Joan Margarit diesen Band. Und eigentlich ist sein Buch ein einziges Kaddisch: anrührend und einfühlsam, aber keineswegs sentimental. Meist lässt Margarit mit seinen Worten etwas sehen und hören, bis die Erinnerung lebendig wird. Es gibt aber auch den umgekehrten Fall, das Ausloten dessen, was in den Versen überhaupt sagbar ist. „Fast sprachlos kann das Gedicht sein“ – so hat der Dichter Tobias Burghardt einmal seine Vorstellung von der Poesie umschrieben. Und in schöner Entsprechung gelingt es der Übersetzung, den Worten ihre Schwere zu nehmen. Nico Bleutge

Joan Margarit: Joana und andere Gedichte. Zweisprachige Ausgabe. Aus dem Katalanischen von Juana und Tobias Burghardt. Edition Delta, Stuttgart 2007.

175 Seiten , 17,50 €

Nico Bleutge

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