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Roman: Powerbrunch mit Dinkel-Penne

Daniel Haas erkundet die Welt eines Werbetexters.

Wenn man dreißig ist, klingt das nach einem guten Leben: Werbetexter in einer Berliner PR-Firma, Dauersingle, ein Buchprojekt, das nur noch geschrieben werden muss. Mit neununddreißigeinhalb klingt das schon nicht mehr so toll. Und so fällt Martin Frielings kurz vor seinem vierzigsten Geburtstag auf, dass er nichts erreicht hat, wofür ihn seiner Dahlemer Verwandtschaft anerkennen würde. Er erkennt, dass er der Verlierer ist, der in den Morgenkonferenzen („Powerbrunch“) nie den Bananen-Smoothie abkriegt, dass die geliebte Kollegin mit einem anderen schmust, selbst der Künstler-Freund mehr Karriere gemacht und die eigene Mutter mehr Perspektiven im Leben hat.

Also entscheidet Martin, ein „Macher“ zu werden, die Dinge in die Hand zu nehmen und sich selbst zu finden. „Spiegel-Online“-Autor Daniel Haas schickt den Erzähler in seinem Debüt-Roman „Desperado – Abenteuer eines Glückssuchers“ auf Entdeckungsreise in das weite Feld der Midlife-Crisis. Martin, sein eloquent leidender Werbefuzzi, schreitet in jedem Kapitel in Form eines Emotionsextremisten auf sein Umfeld zu: als Zocker, Dandy, Masochist, Esoteriker und Terrorist. Als Militarist etwa will der „Soldat der hochmodernen Verteilungskämpfe“ eine neue Arbeitsmoral im Büro durchsetzen. Als Naturliebhaber nervt er die Mittagspausengesellschaft, indem er auf Dinkel-Penne und Kopfsalat „ohne Pestizide!“ beharrt.

Auf der Betriebsfeier mutiert der schüchterne Kollege zur Restaurant verwüstenden Partykanone - dokumentiert von Klatschreportern. Seine Beobachtungen nehmen den Leser mit: „Wenn man erst einmal erkannt hat, dass Misstrauen die einzig angemessene Reaktion auf die Verhältnisse ist, wird einiges leichter“, schreibt Martin als Paranoiker. Haas, einst selbst als Werbetexter, hat das 40. Lebensjahr vor kurzem überschritten. Wie autobiographisch sein Roman ist, will er aber nicht kommentieren. Das Buch trägt jedenfalls die gleiche zynisch-liebevolle Handschrift wie seine Online-Kolumne „Verstehen Sie Haas?“.

Daniel Haas:

Desperado. Abenteuer eines Glückssuchers. Ullstein Verlag,

Berlin 2009.

250 Seiten, 7,95 €.

Ferda Ataman

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